HR Report Q&A
Fabrizio Campelli & Michael Ilgner

Fabrizio Campelli und Michael Ilgner im Dialog über die Personalstrategie der Deutschen Bank

Durch die Corona-Pandemie ist das Jahr 2020 anders verlaufen als erwartet und hat uns alle gefordert. Gleichzeitig musste die Deutsche Bank ihre ehrgeizige Transformation weiter vorantreiben. Was haben Sie in diesem Jahr gelernt?

Fabrizio Campelli: Die Pandemie hat gezeigt wie widerstandsfähig, engagiert und anpassungsfähig unsere Mitarbeitenden sind. Wir haben mit Beeinträchtigungen gerechnet als wir dazu übergingen, fast komplett von zuhause aus zu arbeiten, aber wie wir es dann geschafft haben, unsere Kunden zu begleiten und zu unterstützen und alle Ziele unserer Transformation für 2020 zu erreichen, war wirklich beeindruckend. Die Mitarbeitenden in unserer Bank möchten wirklich etwas leisten und zum Erfolg unserer Bank beitragen.

Michael Ilgner: Es war beeindruckend zu sehen, wie schnell sich unsere Mitarbeitenden und ihre Führungskräfte an die völlig neue Arbeitsumgebung in vielen Bereichen angepasst haben. Unsere jährliche Mitarbeiterbefragung hat uns erneut gezeigt, dass eine klare und entschlossene Strategie, regelmäßige Gespräche sowie echte Fürsorge und wirkliches Interesse unsere Mitarbeitenden motivieren und das Vertrauen in das Unternehmen stärken.

Die einzelnen Geschäftsbereiche suchen unseren Rat als Personal-Experten vor allem in herausfordernden Zeiten. Einvernehmlich mit den Bereichen haben wir unsere strategischen Eckpfeiler anhand unserer Prioritäten festgelegt: Führungskompetenzen stärken, Mitarbeitende fit machen für zukünftige Herausforderungen und sie in passende Rolle bringen sowie korrektes Verhalten sicherstellen.

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Wie wir es geschafft haben, unsere Kunden zu unterstützen und alle Ziele unserer Transformation für 2020 zu erreichen, war wirklich beeindruckend.

- Fabrizio Campelli, Leiter Transformation und Mitglied des Vorstands

Was war der wichtigste Faktor für den Erfolg im Jahr 2020?

Fabrizio Campelli: Viele Faktoren haben dafür gesorgt, dass unsere Bank auf ein starkes Jahr 2020 zurückblicken kann. Einige externe Faktoren, wie Märkte und Volatilität, waren zu unserem Vorteil, andere waren von Nachteil, wie zum Beispiel das Zinsniveau und das Kreditumfeld. Der entscheidende Faktor aber sind unsere hochmotivierten, belastbaren Mitarbeitenden und ihre harte Arbeit in den vergangenen Jahren und wie sehr sie sich dafür einsetzen, dass wir den Kurs halten.

Und das hat sich in der gesamten Bank gezeigt. Alle haben an einem Strang gezogen. Dafür bin ich allen unseren Mitarbeitenden persönlich sehr dankbar. Darüber hinaus schätzen Michael Ilgner und ich den offenen Dialog, den wir mit den Arbeitnehmervertreterinnen und Arbeitnehmervertretern haben. Unsere Arbeitsbeziehung hat sich 2020 besonders bewährt.

Haben die Mitarbeitenden aufgrund der Pandemie eine neue Sicht darauf, was ihnen am Arbeitsplatz wichtig ist?

Michael Ilgner: Die wichtigen Themen sind dieselben geblieben, aber vielleicht hat sich ihre Priorität verändert. Unsere Mitarbeitenden wünschen sich Flexibilität und dass man ihnen vertraut. Sie wollen Dinge offen ansprechen können, wenn sie Bedenken haben oder Unterstützung benötigen. Um produktiv sein zu können, benötigen sie zuverlässige Technologien und Formate, die die Zusammenarbeit erleichtern. Darüber hinaus möchten alle Wertschätzung erfahren und die gleichen Entwicklungs- und Karrierechancen haben.

Fabrizio Campelli: Wenn wir zusammen mit Kollegen im Büro arbeiten, an einem Ort, stehen manche dieser Themen nicht so im Fokus. Wenn wir von zuhause aus arbeiten gehen Arbeits- und Privatleben ineinander über, und das kann körperlich und seelisch belasten. Dazu kommt, dass wir viel weniger Menschen treffen und die Technik für den Kontakt so wichtig geworden ist.

Gesehen zu werden ist beim Arbeiten von zuhause schwieriger. Ich möchte aber auch an diejenigen erinnern, die weiterhin ins Büro oder in die Filialen kommen mussten. Auch sie mussten auf vieles verzichten, und sie hatten zudem wohl mehr Sorge, ihre Gesundheit zu gefährden.

Angesichts der jüngsten Erfahrungen mit flexiblerem Arbeiten stellt sich die Frage: Wie sehr müssen wir uns anpassen können, um zukunftsfähig zu sein?

Michael Ilgner: Der beste Weg sich innerhalb der Deutschen Bank weiter zu entwickeln, ist, stets Verbesserungen erreichen zu wollen und solche Aufgaben im Blick zu behalten, die die Transformationsziele der Bank positiv beeinflussen. Damit unsere Mitarbeitenden noch erfolgreicher arbeiten können, wollen wir unsere Lernkultur stärken.

Das bedeutet, dass alle dazulernen und sich auf Veränderungen vorbereiten können, aber auch, dass sie in der Lage sind, selbst Veränderungen voranzutreiben. Um dies zu erreichen, müssen wir als Arbeitgeber unterschiedliche Schulungs- und Entwicklungsformate anbieten und gleichzeitig darauf achten, dass sie nicht zu zeitintensiv sind. So setzen wir beispielsweise auf kürzere Videos, mehr Online-Training und Podcasts, um das Lernen zu fördern.  

Unsere Mitarbeitenden müssen davon überzeugt sein, dass alle wachsen und erfolgreich sein können – und dass dies nicht nur einem begrenzten Personenkreis vorbehalten ist. Dazu müssen unsere Führungskräfte akzeptieren und vermitteln, dass sie nicht allwissend sind, und dass es ihre Verantwortung ist, ihre Teams zu befähigen und zu stärken. 

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Michael Ilgner

Unsere Mitarbeitenden müssen davon überzeugt sein, dass alle wachsen und erfolgreich sein können – und dass dies nicht nur einem begrenzten Personenkreis vorbehalten ist.

- Michael Ilgner, Leiter des Personalbereichs

Wie trägt diese Haltung zur Transformation der Bank bei? Sicherlich kann ein gesunder, interner Wettbewerb dazu beitragen, die Bank voran zu bringen?

Fabrizio Campelli: Das stimmt zu einem gewissen Grad, nicht zuletzt, weil es unternehmerisches Denken fördert, und das brauchen wir. Aber unsere Transformation wird nur dann erfolgreich sein, wenn wir gut zusammenarbeiten – und ein interner Wettkampf kann sich manchmal als kontraproduktiv herausstellen. Da wir begrenzte Ressourcen haben und einen ehrgeizigen Zeitplan, müssen wir in unserer Herangehensweise auch agiler sein. Das bedeutet, wir müssen interdisziplinäre Teams bilden, häufiger und mehr Nutzen aus Projekten ziehen und unseren Kunden gut zuhören.

Wie ihre Zukunft der Arbeit aussieht, interessiert alle Unternehmen, auch die Deutsche Bank. Wie klar ist Ihre Vorstellung davon?

Fabrizio Campelli: Zu Beginn der Pandemie haben wir eine Mitarbeiterbefragung zum Thema Zukunft der Arbeit durchgeführt, die so umfassend war wie noch nie. Über 50 Prozent haben daran teilgenommen und so konnten wir präzise Daten zu Themen wie Flexibilität, Technologie und Wohlbefinden sammeln.

Rund 80 Prozent unserer Mitarbeitenden würden gerne einen oder zwei Tage pro Woche von zuhause aus arbeiten, also können wir mit unseren Büroflächen flexibler umgehen. Wir wissen nun, mit welchen Anwendungen unsere Mitarbeitenden bevorzugt arbeiten oder in Zukunft gerne arbeiten würden. Wir können ihre Bedenken besser verstehen und sehen, wie anpassungsfähig sie sind, wenn sie wissen, was von ihnen erwartet wird.

Unser Vorhaben „Future of Work“ ist kein Projekt, an dem wir ein Jahr lang arbeiten, um dann ein Ergebnis zu präsentieren. Wir möchten erreichen, dass sich unsere Arbeitsbedingungen stetig verbessern, und schnell zu Entscheidungen kommen. Ein Beispiel sind unsere Kollaborationstools, die wir in Abstimmung mit Compliance für unsere Mitarbeitenden schnell ausgebaut haben. Auch treffen wir zügige Entscheidungen dahingehend, wieviel Bürofläche wir in Zukunft noch brauchen und was wir abstoßen oder auch untervermieten können.

Wenn man über die Zukunft der Deutschen Bank spricht, gehört Personalabbau dazu. Wie schaffen Sie es, dass die Belegschaft motiviert bleibt und sie auch neue Kräfte fürs Unternehmen gewinnen?

Michael Ilgner: Grundsätzlich wird die Deutsche Bank immer ein Unternehmen für herausragende Mitarbeitende und Führungspersönlichkeiten sein und wir unternehmen sehr viel, um unsere Mitarbeitenden weiterzuentwickeln, sie möglichst lange im Unternehmen zu halten und selektiv neue Leute einzustellen. Wir bieten interessante Tätigkeiten an. Beispielsweise eröffnet unsere Partnerschaft mit Google Cloud IT-Expertinnen und Experten eine Chance, die der Markt nicht oft zu bieten hat.

Es kommt darauf an, unsere Talente fair zu beurteilen, sicherzustellen, dass alle die gleichen Chancen haben und ihnen klar zu machen, dass das Verhalten zählt. Wir können niemanden für ein gutes finanzielles Ergebnis belohnen, wenn es durch ein Verhalten erzielt wurde, das nicht zu unseren Werten passt.

Entscheiden wir uns, ein Geschäft zu beenden oder aus einen bestimmten Markt nicht mehr zu bedienen, geht es darum, transparent zu sein und verantwortungsvoll umzustrukturieren. Zugleich müssen wir klare Signale senden, dass Spitzentalente bei uns willkommen sind und es immer wieder Stellen geben wird, die wir besetzen möchten, da auch bei uns natürliche Fluktuation stattfindet.

Die Arbeitnehmervertretungen spielen eine wichtige und konstruktive Rolle bei der Planung unserer Zukunft und hinsichtlich des Abwägens und Ausbalancierens der Interessen unserer Mitarbeitenden und Stakeholder.

Die Finanzdienstleistungsbranche hat insbesondere in ihren Führungsebenen noch Luft nach oben, was die Vielfalt betrifft. Was tut die Deutsche Bank, um eine größere Ausgewogenheit zu erreichen?

Michael Ilgner: Wir können stolz darauf sein, dass wir als Bank öffentlich mit einer so klaren Haltung auftreten, wenn es darum geht, das Thema Vielfalt und Teilhabe in der Gesellschaft weiter zu vorantreiben. Tatsache ist jedoch, dass wir unsere Belegschaft noch weiter ausbalancieren müssen – und das dauert.

Wenn wir beispielsweise die Anzahl von Frauen unter unseren Hochschulabsolventen verbessern oder Entwicklungspläne für aufstrebende diverse Talente entwerfen, wird sich dies erst in ein paar Jahren auf unsere Führungsebenen auswirken. Wenn wir eine Führungsaufgabe neu zu besetzen haben, achten wir natürlich schon heute darauf, dass wir dafür möglichst vielfältige Kandidatinnen und Kandidaten haben.     

Das Jahr 2020 hat uns auch vor Augen geführt, dass wir insbesondere in Bezug auf das Thema ethnische Herkunft noch Luft nach oben haben. Wir wollen mehr Integration und Teilhabe, getragen durch eine offene Gesprächskultur. Ich bin überzeugt davon, dass sich die Fortschritte, die wir im Kapitel über Vielfalt und Teilhabe des Personalberichts näher erläutern, auszahlen werden. Unsere Mitarbeiter-Netzwerke tragen ganz entscheidend dazu bei, die Aufmerksamkeit für dieses Thema zu erhöhen. Ihre Unterstützung ist sehr wertvoll und sie liefern Ideen, um einen nachhaltigen Wandel anzustoßen.

Eine letzte Frage: Warum ist die Deutsche Bank aus Ihrer Sicht ein so attraktiver Arbeitgeber?

Fabrizio Campelli: Um Michael Ilgners letzten Punkt aufzugreifen, wir sind ein vielfältiges Unternehmen und wir werden uns in unserer Vielfalt noch steigern. Ich denke auch, dass wir, indem wir unsere Mitarbeitenden stärken, eine bessere Grundlage für neue Ideen und Innovationen schaffen. Auch mit neuer Technologie wie künstliche Intelligenz und Fortschritten bei unserer Datenanalyse ermöglichen wir Mitarbeitenden, sich weiterzuentwickeln.  Wer aktiv ist, lernen möchte und darauf bedacht ist, richtig zu handeln, wird viele Chancen haben.

Michael Ilgner: Für mich sind es die Menschen. Ich habe in diesem besonderen Jahr 2020 deutlich erkannt, was die Kultur in unserer Bank ausmacht: dass die Menschen Interesse und Verantwortung zeigen. Ich sehe auch, dass wir beim Lernen und den entsprechenden Plattformen besser werden, dass wir unsere Führungsfähigkeiten stärken, und dass wir mit größerer Genauigkeit unsere Talente erkennen und honorieren.  

Vielen Dank, Herr Ilgner und Herr Campelli