Nachricht 9. Mai 2016

Mit „60 plus“ wird es Zeit für den Kassensturz

Die Rente ist sicher, aber wird sie auch zum Leben reichen? Es lohnt sich, vor dem Eintritt in den Ruhestand Klarheit über den Finanzbedarf und das voraussichtliche Einkommen zu schaffen, sagen die Experten der Deutschen Bank. Sie erklären, welche Absicherung im Alter besonders wichtig wird.

Ehepaar mit Sparschwein Mit 64 Jahren ab in die Rente: So alt sind die Deutschen laut Statistischem Bundesamt im Schnitt, wenn sie in den Ruhestand gehen. Doch zur Vorfreude gesellt sich bei vielen die Unsicherheit, ob die Rente und das Ersparte für ein finanziell entspanntes Alter ausreichen. Um hier Klarheit zu gewinnen, ist es sinnvoll, rechtzeitig vor Rentenbeginn einen Kassensturz zu machen, also die künftigen Ausgaben mit dem erwarteten Einkommen zu vergleichen.

Soll – den Bedarf erkennen

Wie viel Einkommen im Ruhestand benötigt wird, ist von vielen Faktoren abhängig. Die Stiftung Warentest nennt als Anhaltspunkt einen Finanzbedarf von rund 80 Prozent des letzten Nettoeinkommens. In der Praxis kann der Bedarf aber durchaus höher ausfallen, den sinkenden Kosten stehen auch Mehrausgaben gegenüber.

  • Ersparnisse ergeben sich meist aus wegfallenden beruflichen Ausgaben, zum Beispiel für Arbeitskleidung oder die Fahrt zur Arbeit. Die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung sinken bei geringerem Einkommen entsprechend. Kinder stehen meist auf eigenen Beinen oder müssen nicht mehr lange unterstützt werden. Wenn die Kinder fortziehen, ist oft der Umzug in eine kleinere Immobilie sinnvoll, was die Unterhaltskosten senkt.
  • Dem stehen jedoch Mehrausgaben gegenüber. Im Alter kosten vor allem Reisen und die Gesundheit mehr Geld. Vor allem Medikamente können hohe Kosten verursachen. Ortswechsel führen zu einmaligen Ausgaben, ebenso die Renovierung von Immobilien, sei es, weil bei älteren Objekten eine neue Heizung oder neue Fenster benötigt werden, sei es für den altersgerechten Umbau. Beiträge zur Kfz-Haftpflicht steigen tendenziell mit dem Alter. Siekönnen aber sinken, wenn weniger Kilometer zurückgelegt werden. Auch die private Krankenversicherung wird teurer.

Um die Ausgaben im Ruhestand abzuschätzen, kann es hilfreich sein, schon als Berufstätiger eine Zeit lang ein Haushaltsbuch zu führen. Die dort verzeichneten Ausgaben sind dann eine gute Basis für die Berechnung des späteren Bedarfs.

Haben – das Einkommen abschätzen

Das Einkommen im Ruhestand speist sich in der Regel aus drei Quellen: der gesetzlichen und betrieblichen Rente sowie privaten Einkünften, zum Beispiel aus einer Rentenversicherung oder einer vermieteten Immobilie. Zu beachten ist dabei, dass Rentner nicht nur in die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung einzahlen, sondern immer öfter ihre Einkünfte auch versteuern müssen.

Bei der gesetzlichen Rente wird dabei ein Rentenfreibetrag berücksichtigt, der kontinuierlich sinkt: Bei Rentenbeginn 2016 beträgt er noch 28 Prozent, bei Rentenbeginn ab 2040 null Prozent. Da der Freibetrag als fester Eurobetrag berechnet wird, kann es sein, dass Ruheständler durch spätere Rentenerhöhungen in die Steuerpflicht rutschen. 2016 werden dadurch voraussichtlich rund 160.000 Rentner erstmals steuerpflichtig, so das Bundesfinanzministerium.

Auch die Inflation muss bei der Berechnung des künftigen Einkommens berücksichtigt werden. Sie ist im Moment zwar extrem niedrig, aber das kann sich ändern. Bereits eine Inflationsrate von zwei Prozent – das entspricht dem Stabilitätsziel der EZB – führt dazu, dass die Rente in zwanzig Jahren fast ein Drittel ihrer Kaufkraft verliert.

Im Alter richtig anlegen

Wenn der errechnete Bedarf das voraussichtliche Einkommen übersteigt, gibt es zwei Möglichkeiten: Ausgaben einschränken oder zusätzliche Einkünfte aus vorhandenem Kapital erzielen. Zusätzliche Liquidität und Renditechancen bieten zum Beispiel Investmentfonds: Angesichts der steigenden Lebenserwartung können dabei je nach persönlicher Risikobereitschaft auch Aktien- oder Multi-Asset-Fonds mitberücksichtigt werden.

… und Pflegerisiken absichern

Auch der bestehende Versicherungsschutz sollte mit Rentenbeginn kritisch überprüft werden. Das betrifft besonders die individuelle Absicherung im Pflegefall. Je nach Pflegestufe ist eine Versorgungslücke von über 2.000 Euro im Monat möglich, wenn sich Ältere im Ernstfall allein auf die gesetzliche Pflegeversicherung verlassen. Um die Lücke zu schließen, muss Sparvermögen aufgebraucht werden – reicht das nicht aus, greift die Pflegeversicherung unter Umständen auf das Vermögen der Kinder. Eine Pflegezusatzversicherung gegen Einmalbeitrag schützt das Vermögen und kann auch noch im fortgeschrittenen Alter abgeschlossen werden.

Wer im Alter häufiger auf Reisen gehen möchte, sollte spätestens jetzt über eine Auslandsreise-Krankenversicherung nachdenken, die für relativ geringe Beiträge auch schwere Krankheiten und Rücktransporte absichert. Einige Policen wie zum Beispiel Haftpflicht- oder Wohngebäudeversicherungen können im Ruhestand unverändert weiterlaufen. Eine Berufsunfähigkeitsvorsorge ist dagegen nicht mehr nötig, auch auf eine Risiko-Lebensversicherung kann jetzt oft verzichtet werden.


Tipp: Rentenlücken-Rechner im Internet, zum Beispiel vom Fondsverband BVI, können helfen, eine drohende Rentenlücke zu erkennen und frühzeitig gegenzusteuern.

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