Rentenmarkt: Die Durststrecke ist noch nicht vorbei
Herr Dr. Stephan, die Konjunkturaussichten im Euroraum haben sich leicht verbessert. Können wir jetzt steigende Zinsen erwarten?
Stephan: In der Tat gab es zuletzt positive Konjunktursignale. Die Einkaufsmanager im Euro-Raum sind wieder zuversichtlicher, in Deutschland verbessern sich die Erwartungen der Unternehmen laut ifo-Geschäftsklimaindex vom April weiter. Auch die Industrieproduktion hat einen guten Jahresstart hingelegt. 2016 sollte der Euro-Raum ein Wachstum von immerhin 1,5 Prozent erzielen. Für eine Zinswende reicht das aber wohl nicht.
Das heißt, die Renditen von Staatsanleihen bleiben am Boden? Stephan: Ja. Zehnjährige Bundesanleihen rentierten zuletzt bei unter 0,2 Prozent, bis zum Jahresende erwarte ich nur eine moderate Steigerung auf 0,5 Prozent. Die Rendite zweijähriger Papiere bewegt sich aktuell sogar bei minus 0,4 Prozent. Daran dürfte sich bis Ende 2016 auch nicht viel ändern.
Warum kommen die Zinsen nicht von der Stelle? Stephan: Ursache sind vor allem die niedrigen Inflationserwartungen und die hohe Nachfrage. Wie man an der Entwicklung inflationsgebundener Anleihen sieht, rechnet der Markt für Deutschland in den kommenden zehn Jahren mit einer durchschnittlichen Inflation von gerade mal 1 Prozent im Jahr, weit unter dem Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von knapp unter 2 Prozent. Außerdem kauft die EZB, salopp gesagt, den Anleihemarkt leer.
Was heißt das konkret? Stephan: Die Notenbank weitet ihr Anleihekaufprogramm deutlich aus, auf ein Volumen von 80 Mrd. Euro im Monat. Erstmals sollen dabei auch Gelder in Firmenbonds fließen, möglicherweise in einer Größenordnung von 5 bis 10 Mrd. Euro monatlich. Die EZB hat dabei vor allem das Ziel, die Kreditbedingungen im Euro-Raum zu verbessern. Solange sie mehr Euro-Staatsanleihen erwirbt, als von den Staaten ausgegeben werden, sorgt die hohe Nachfrage automatisch für niedrige Renditen. Das gilt übrigens nicht nur für Bundesanleihen: Auch die Risikoaufschläge von Peripherieanleihen aus Italien, Portugal und Spanien sind weiter gesunken.
Bieten US-Staatsanleihen mehr Potenzial? Stephan: Da bin ich skeptisch. Zwar könnten leicht verbesserte Fundamentaldaten dafür sorgen, dass die US-Inflation allmählich steigt. Notenbank-Chefin Janet Yellen hat die Zinsfantasie gedämpft: Sie hat deutlich gemacht, dass für sie die Konjunkturrisiken für schnelle Zinsschritte zu groß sind. Ich erwarte, dass die US-Notenbank ihre Geldpolitik erst im Dezember 2016 weiter strafft. Auf das Zinsniveau am Anleihemarkt sollte das keinen nennenswerten Einfluss haben: Zehnjährige US-Staatsanleihen dürften Ende des Jahres mit rund 1,75 Prozent fast unverändert rentieren.
Welche Alternativen haben Zinsanleger jetzt noch? Stephan: US-Unternehmensanleihen von Firmen ordentlicher Bonität können eine Alternative sein, sie bringen noch solide 3 Prozent. Globale Unternehmensanleihen rentieren bei 2,5 Prozent und sind auch interessant für Anleger, die kein Dollar-Risiko eingehen wollen. US-Hochzinsanleihen haben sich vor allem dank steigender Rohstoffpreise zuletzt stark entwickelt, ich rate dennoch zur Vorsicht: Speziell im US-Ölsektor ist weiter mit Zahlungsausfällen zu rechnen. Bis 2017 könnten sich die Ausfallraten bei US-Papieren schwächerer Qualität fast verdreifachen. Da können sich Anleger besser gleich Aktien ins Depot legen.
Schwellenländeranleihen gehören etwas überraschend zu den klaren Gewinnern des ersten Quartals. Setzt sich der Trend fort? Stephan: Bei Schwellenländeranleihen kamen zuletzt mehrere positive Faktoren zusammen: ultraniedrige Zinsen in den Industrieländern, die stockende Zinswende in den USA und nicht zuletzt die Stabilisierung der Rohstoffmärkte. Tatsächlich ist der Sektor sogar noch relativ niedrig bewertet, weil er sich seit Mitte 2013 deutlich schwächer entwickelt hat als der Gesamtmarkt. Für eine nachhaltige Trendwende sind allerdings Strukturreformen in den Ländern erforderlich. Risikobereite Anleger können hier höhere Renditen suchen, sollten aber die Konjunktur in den Schwellenländern sehr genau im Auge behalten – oder auf einen gemanagten Fonds zurückgreifen.
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Das heißt, die Renditen von Staatsanleihen bleiben am Boden?
Stephan: Ja. Zehnjährige Bundesanleihen rentierten zuletzt bei unter 0,2 Prozent, bis zum Jahresende erwarte ich nur eine moderate Steigerung auf 0,5 Prozent. Die Rendite zweijähriger Papiere bewegt sich aktuell sogar bei minus 0,4 Prozent. Daran dürfte sich bis Ende 2016 auch nicht viel ändern.
Warum kommen die Zinsen nicht von der Stelle?
Stephan: Ursache sind vor allem die niedrigen Inflationserwartungen und die hohe Nachfrage. Wie man an der Entwicklung inflationsgebundener Anleihen sieht, rechnet der Markt für Deutschland in den kommenden zehn Jahren mit einer durchschnittlichen Inflation von gerade mal 1 Prozent im Jahr, weit unter dem Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von knapp unter 2 Prozent. Außerdem kauft die EZB, salopp gesagt, den Anleihemarkt leer.
Was heißt das konkret?
Stephan: Die Notenbank weitet ihr Anleihekaufprogramm deutlich aus, auf ein Volumen von 80 Mrd. Euro im Monat. Erstmals sollen dabei auch Gelder in Firmenbonds fließen, möglicherweise in einer Größenordnung von 5 bis 10 Mrd. Euro monatlich. Die EZB hat dabei vor allem das Ziel, die Kreditbedingungen im Euro-Raum zu verbessern. Solange sie mehr Euro-Staatsanleihen erwirbt, als von den Staaten ausgegeben werden, sorgt die hohe Nachfrage automatisch für niedrige Renditen. Das gilt übrigens nicht nur für Bundesanleihen: Auch die Risikoaufschläge von Peripherieanleihen aus Italien, Portugal und Spanien sind weiter gesunken.
Bieten US-Staatsanleihen mehr Potenzial?
Stephan: Da bin ich skeptisch. Zwar könnten leicht verbesserte Fundamentaldaten dafür sorgen, dass die US-Inflation allmählich steigt. Notenbank-Chefin Janet Yellen hat die Zinsfantasie gedämpft: Sie hat deutlich gemacht, dass für sie die Konjunkturrisiken für schnelle Zinsschritte zu groß sind. Ich erwarte, dass die US-Notenbank ihre Geldpolitik erst im Dezember 2016 weiter strafft. Auf das Zinsniveau am Anleihemarkt sollte das keinen nennenswerten Einfluss haben: Zehnjährige US-Staatsanleihen dürften Ende des Jahres mit rund 1,75 Prozent fast unverändert rentieren.
Welche Alternativen haben Zinsanleger jetzt noch?
Stephan: US-Unternehmensanleihen von Firmen ordentlicher Bonität können eine Alternative sein, sie bringen noch solide 3 Prozent. Globale Unternehmensanleihen rentieren bei 2,5 Prozent und sind auch interessant für Anleger, die kein Dollar-Risiko eingehen wollen. US-Hochzinsanleihen haben sich vor allem dank steigender Rohstoffpreise zuletzt stark entwickelt, ich rate dennoch zur Vorsicht: Speziell im US-Ölsektor ist weiter mit Zahlungsausfällen zu rechnen. Bis 2017 könnten sich die Ausfallraten bei US-Papieren schwächerer Qualität fast verdreifachen. Da können sich Anleger besser gleich Aktien ins Depot legen.
Schwellenländeranleihen gehören etwas überraschend zu den klaren Gewinnern des ersten Quartals. Setzt sich der Trend fort?
Stephan: Bei Schwellenländeranleihen kamen zuletzt mehrere positive Faktoren zusammen: ultraniedrige Zinsen in den Industrieländern, die stockende Zinswende in den USA und nicht zuletzt die Stabilisierung der Rohstoffmärkte. Tatsächlich ist der Sektor sogar noch relativ niedrig bewertet, weil er sich seit Mitte 2013 deutlich schwächer entwickelt hat als der Gesamtmarkt. Für eine nachhaltige Trendwende sind allerdings Strukturreformen in den Ländern erforderlich. Risikobereite Anleger können hier höhere Renditen suchen, sollten aber die Konjunktur in den Schwellenländern sehr genau im Auge behalten – oder auf einen gemanagten Fonds zurückgreifen.
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