Nachricht 29. November 2018

Die Deutschen fürchten um ihre Erbschaft

Viel Vermögen, große Unsicherheit

Erben wird komplexer / Streit nimmt zu / Beratung ist sinnvoll

Auf 5,9 Billionen Euro summierte sich das Geldvermögen privater Haushalte in Deutschland zum Jahresende 2017. Das ist laut Bundesbank und Statistischem Bundesamt ein Anstieg um rund 1,5 Billionen Euro seit 2010. Dennoch erwarten mehr als 80 Prozent der Deutschen, dass aufgrund steigender Gesundheits- und Pflegekosten die Häufigkeit und der Umfang von Erbschaften abnehmen werden.

Dies zeigt eine aktuelle Studie der Deutschen Bank in Zusammenarbeit mit dem Institut für Demoskopie Allensbach. Doch diese Befürchtungen scheinen nicht allein aufgrund des wachsenden Geldvermögens unbegründet. Gerade einmal jeder Vierte, der schon einmal geerbt hat, gab an, dass seine Erbschaft aufgrund von Pflegekosten tatsächlich geringer ausfiel. Bei 55 Prozent war dies gar nicht der Fall.

Bedeutung von Immobilien, Wertpapieren und Gold nimmt zu

Geld ist mit Abstand am häufigsten Teil eines Erbes. Bei drei Viertel (75 Prozent) der Erbschaften gehört Geld zum Nachlass. Doch die Bedeutung dürfte abnehmen: Weniger als zwei Drittel der potenziellen Erblasser (62 Prozent) gehen heute davon aus, einmal Geld zu vererben. Gegenläufig verhält es sich bei Gold, Wertpapieren und vor allem bei Immobilien. 4 Prozent der bisherigen Erben haben Gold geerbt, 11 Prozent der künftigen Erblasser wollen dagegen Gold weitergeben.

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei Wertpapieren: 12 Prozent haben Wertpapiere geerbt, bei 17 Prozent der künftigen Nachlässe sollen Wertpapiere enthalten sein. Am weitesten auseinander liegen die Werte bei Immobilien im In- und Ausland. Nur 40 Prozent haben Immobilienvermögen geerbt, aber 59 Prozent der künftigen Erblasser gehen davon aus, Immobilienvermögen weiterzugeben. Thomas Danz, Leiter Private Banking Deutschland der Deutschen Bank: „Der Anteil komplexer Erbgüter wie Wertpapiere oder Immobilienbesitz nimmt stark zu. Eine frühzeitige Planung bei diesem schwierigen Thema kann einen positiven Effekt auf den gewünschten Vermögensübergang haben“.

Erbschaft immer wichtiger für Vermögensaufbau – Beratung nimmt zu

Bisherige Erben haben ihre Erbschaft vor allem für die Geldanlage, den Vermögensaufbau und die Altersvorsorge eingesetzt. Seit 2015 hat sich der Wert von 35 Prozent auf heute 39 Prozent erhöht. „Die Erbschaft ist in vielen Haushalten ein entscheidender Schritt beim Aufbau von Vermögen“, sagte Danz. Nur 39 Prozent der potenziellen Erblasser haben aktuell ein Testament verfasst. „Alle anderen überlassen die Entscheidung über ihr Erbe dem Gesetzgeber“, so Danz.

Laut der Studie haben nur gut die Hälfte (55 Prozent) der potentiellen Erblasser genaue Vorstellungen von der gesetzlichen Erbfolge. Wer aber ein Testament verfasst hat, der ließ sich dabei meistens auch beraten (84 Prozent), mehr als die Hälfte setzt dabei auf den Notar (53 Prozent). Auch Banken werden immer häufiger hinzugezogen. So gaben 2012 lediglich 2 Prozent der Befragten an, mit dem Bankberater über ihr Testament zu sprechen. 2018 waren es 9 Prozent. Der steigende Beratungsbedarf geht einher mit der Einschätzung einer Mehrheit der Deutschen, dass Erbrecht sei kompliziert (72 Prozent).

Im Süden erbt man häufiger – gleiches gilt für Beamte und Angestellte

Gemessen an den Erwartungen dürfte es in Zukunft häufiger in Beamten- und Angestelltenhaushalten zu Erbschaften kommen (31 Prozent beziehungsweise 26 Prozent). Dagegen erwarten lediglich 13 Prozent der Arbeiterhaushalte eine Erbschaft. Und auch regional gibt es große Unterschiede mit Blick auf das zu erwartende Erbe. Während in den südlichen Bundesländern Bayern und Baden-Württemberg im Schnitt 30 Prozent der Bevölkerung von einer Erbschaft ausgehen, rechnen in den östlichen Bundesländern und Berlin lediglich 17 Prozent damit.

Ungeliebtes Thema, dabei gilt: Reden ist Gold, Schweigen gibt Streit

Mit dem Thema Erbschaft beschäftigen sich 60 Prozent der Deutschen ungern. 2013 gaben immerhin noch 41 Prozent der Erben an, dass mit allen Beteiligten und auch mit dem Erblasser offen über die Erbschaft gesprochen wurde. Heute berichten nur noch 35 Prozent von solchen Gesprächen. Und auch wird heute seltener frühzeitig vor dem Erbfall über die Erbschaft gesprochen (2013: 40 Prozent; 2018: 34 Prozent). Zu Streit kommt es im Falle einer Erbschaft entsprechend häufiger. Gaben im Jahr 2013 noch 15 Prozent an, dass es zu Streit kam, so sind es heute 19 Prozent.

Bloß nicht an Weihnachten: „Wann spreche ich es an?“

Der Zeitpunkt für ein Gespräch zum Thema Erben ist vielen gar nicht so wichtig (41 Prozent). Dies zeigt eine zusätzliche Online-Studie, die zu dem Thema durchgeführt wurde. Vielen der Befragten scheint es jedoch empfehlenswert, spätestens dann darüber zu sprechen, wenn ein Testament verfasst wird (36 Prozent) oder wenn jemand schwer erkrankt (21 Prozent).

Ein gutes Fünftel ist der Meinung, dass sich Familienzusammenkünfte für ein solches Gespräch anbieten (22 Prozent). Lediglich 5 Prozent der Befragten halten allerdings das Familienfest zu Weihnachten für einen guten Zeitpunkt für ein Gespräch zum Thema Erbschaft. Eine große Übereinstimmung besteht bei der Frage, wer ein solches Gespräch eröffnen sollte: 81 Prozent der Befragten geben an, dass am ehesten die Person die Initiative ergreifen sollte, die etwas vererben wird.

Auch der digitale Nachlass muss geregelt sein

E-Mails, soziale Netzwerke, Cloud-Dienste: Im Netz bleiben viele Daten zurück, wenn jemand stirbt. Die Hälfte (50 Prozent) der Befragten gibt an, dass jeder selbst für seinen digitalen Nachlass verantwortlich sei und entsprechende Regelungen treffen sollte. 57 Prozent meinen, dass die Erben Zugriff auf den digitalen Nachlass einer Person haben sollten. In diesem Sinne hat auch der Bundesgerichtshof (BGH) im Juli 2018 entschieden. Hiernach gelten für den digitalen Nachlass die allgemeinen erbrechtlichen Grundsätze. Netzwerkbetreiber haben den Erben umfassend Zugriff auf Nutzerkonten und digitale Inhalte zu gewähren. Wer dies nicht wünscht, muss von sich aus aktiv werden.

Über die Studie

Die Studie „Erben und Vererben“ wurde im Auftrag der Deutschen Bank durchgeführt. Im Zeitraum vom 27. Juli bis 13. August 2018 befragte das Institut für Demoskopie Allensbach 1706 Personen, die einen repräsentativen Querschnitt der Bevölkerung ab 16 Jahren in der Bundesrepublik Deutschland bilden. Die Studie untersucht das Thema aus den Perspektiven bisheriger und künftiger Erben sowie künftiger Erblasser.

Ein Teil der Befragung greift das Fragenprogramm früherer Erhebungen auf, so dass über eine aktuelle Bestandsaufnahme hinaus auch Trendentwicklungen sichtbar werden. Zusätzlich wurde eine Online-Befragung zu den Themen „Gespräch über das Erben“ und „Digitaler Nachlass“ durchgeführt. Das Institut ears&eyes befragte vom 23. bis 26. Oktober 2018 im Auftrag der Deutschen Bank 1000 Personen im Alter von 16 bis 69 Jahren.

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