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15. November 2016
Dem Unternehmen ein Gesicht geben
Die Historische Gesellschaft feiert ihr 25-jähriges Bestehen
Für Hilmar Kopper ist die Welt kleiner geworden. „Was uns vor 50 Jahren noch nicht zu kümmern brauchte, muss uns heute angehen“, betonte der Ehrenvorsitzender der Historischen Gesellschaft und ehemalige Vorstandssprecher der Deutschen Bank auf einer Veranstaltung, zu der die Historische Gesellschaft anlässlich ihres 25-jährigen Bestehens am 14. November nach Frankfurt eingeladen hatte. Der Titel der Veranstaltung: „It’s history, stupid!“ Zur Rückkehr der Geschichte nach der Epochenwende 1990.
Das Forum in der Taunusanlage war mit 300 Gästen bis auf den letzten Platz besetzt. Als Hauptredner des Abends sprach zunächst Andreas Rödder, Professor für Neueste Geschichte an der Universität Mainz. Seine im vergangenen Jahr erschienene Studie „21.0. Eine kurze Geschichte der Gegenwart“ hat große Beachtung gefunden hat. Die nach dem Mauerfall weitverbreitete Vorstellung, dass nun das westliche Gesellschaftsmodell weltweit seinen Siegeszug antreten würde, sei mitnichten eingetroffen und so stünden wir heute „vor den Trümmern unserer Erwartungen“, so Rödder.
Diesen Sachverhalt verdeutlichte der Historiker an verschiedenen Beispielen, wie etwa die Entwicklung in einzelnen Weltregionen. Zudem ging er auch auf jüngste Ereignisse wie die US-Wahl, den Brexit und die Krisensituation im Nahen Osten ein. Er gab zu bedenken, dass der Aufstieg der einen nicht immer automatisch den Abstieg der anderen bedeute. Die historische Bilanz eines Landes enthalte niemals ausschließlich Aktiva oder Passiva.
Anschließend wurde lebhaft diskutiert: über Politik und Wirtschaft unter den Bedingungen der Globalisierung, über den Stellenwert des Nationalstaats im Verhältnis zu Europa und über den Siegeszug des Populismus. Mit von der Partie, neben Rödder und Kopper: Jürgen Kaube, Herausgeber des Feuilletons der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Ulrike Guérot, Professorin für Europapolitik und Demokratieforschung an der Donau-Universität Krems und Nike Wagner, die Intendantin und Geschäftsführerin des Beethovenfestes Bonn.
Dank der Historischen Gesellschaft, die sich seit 25 Jahren mit der Geschichte des Bankwesens – insbesondere der Deutschen Bank – und seines politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Umfelds beschäftigt, war die Veranstaltung eine weitere schöne Möglichkeit, auf die langfristige Bedeutung historischer Zusammenhänge aufmerksam zu machen und ein entsprechendes Bewusstsein dafür zu schaffen.
Warum Geschichte in der Deutschen Bank?
Dass dieses Bewusstsein gegenwärtig vielleicht notwendiger denn je ist, verdeutlicht auch ein Blick auf die Geschichte der Deutschen Bank. Sie beginnt 1870 – in einer Zeit, mit der viele heute nicht mehr allzu viel verbinden. Zur Erinnerung: Das Gründungsstatut wurde am 10. März in Berlin durch „Allerhöchsten Erlass Sr. Majestät des Königs von Preussen“ genehmigt. Zweck der Neugründung ist „der Betrieb von Bankgeschäften aller Art, ins Besondere Förderung und Erleichterung der Handelsbeziehungen zwischen Deutschland, den übrigen Europäischen Ländern und überseeischen Märkten“.
Die Bank war also beispielsweise von Anbeginn international – ein kleiner Mosaikstein der Unternehmensgeschichte, der heute häufig aus dem Blickfeld gerät.
Seither sind anderthalb Jahrhunderte vergangen, in denen mehr als 100 Persönlichkeiten an der Spitze des Konzerns standen, die die Geschäfte des Unternehmens vorangetrieben und die Identität des Unternehmens geprägt haben. Ihre Herkunft, das kulturelle Umfeld sowie die persönliche Bildung bestimmten weitgehend ihr Arbeitsethos. Manche stammten aus Familien der Finanzelite; andere arbeiteten sich aus einfachsten Verhältnissen bis an die Spitze empor. Manche verbrachten ihr gesamtes Arbeitsleben in der Bank. Für andere war die Deutsche Bank nur eine Zwischenstation auf ihrem beruflichen Weg. Sie alle haben das Gesicht der Deutschen Bank geprägt.
„Warum Geschichte in der Deutschen Bank? In der Deutschen Bank gibt es – schlicht und einfach – viel Geschichte!“
Dieses Fazit zog der amerikanische Historiker Gerald D. Feldman vor 25 Jahren anlässlich der Gründung der Historischen Gesellschaft der Deutschen Bank im Jahr 1991.
Hermann Josef Abs, der damals fast 90-jährige Ehrenvorsitzende der Deutschen Bank, zögerte nicht lange, stand auf und erzählte von seiner Zeit in der Bank – ein Paradestück für die sogenannte „oral history“ und Initialzündung für viele interessante Veröffentlichungen der Historischen Gesellschaft.
„Ich habe den Part übernommen zu erzählen, wie ich eigentlich zur Deutschen Bank gekommen bin. Darüber gibt es Gerüchte, Vermutungen und dennoch nur eine Wahrheit, nämlich die geschichtlich überprüfbare Wahrheit. Ich spreche frei, weiß aber, dass das, was ich sage aufgenommen wird. Es wird also niedergeschrieben werden und dann für diejenigen, die es gerne nachlesen wiederum zur Verfügung stehen … .“
Es sind nicht nur die ganz großen Momente, sondern vor allem die kleinen Alltagsereignisse und -geschichten, die sich lohnen, erzählt und aufgeschrieben zu werden. Das wird auch in den Aufzeichnungen von Hermann J. Abs deutlich. Doch zugleich sind es die verschiedenen Akteure, Entwicklungen, die richtigen und falschen Wege sowie Hoffnungen und Enttäuschungen, die im Rückblick zur Identitätsbildung des Unternehmens beitragen. Darüber hinaus spielt auch die Verantwortung gegenüber vorigen Generationen eine entscheidende Rolle als Basis für die Zukunft – für neue Visionen, neue Ziele, neue Lösungen.
Das ist der eigentliche Wert der Unternehmensgeschichte. Sie kann ein Motivator für alle Beteiligten sein und das Vertrauen der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in den Fortbestand des Konzerns stärken.
Die Historische Gesellschaft hat in den vergangenen 25 Jahren durch ihre Arbeit maßgeblich dazu beigetragen, die Identität der Deutschen Bank intern wie extern sichtbar zu machen – und das Zusammengehörigkeitsgefühl der Mitarbeiter zu festigen.
Der Internetauftritt der Historischen Gesellschaft hält vielfältige Informationen über die Deutsche Bank wie Geschäftsberichte, Biographien von Führungskräften und Standortporträts bereit.
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