Nachricht 16. Mai 2023

Einblicke von unseren ESG-Experten: Claire Coustar

Claire Coustar ist globale Leiterin Nachhaltigkeit für die Abteilung Anleihen- und Währungsgeschäft in der Investmentbank der Deutschen Bank. Sie vertritt die Deutsche Bank in der Glasgow Financial Alliance for Net Zero (GFANZ).

Claire Coustar ist globale Leiterin Nachhaltigkeit für die Abteilung Anleihen- und Währungsgeschäft in der Investmentbank. Seit ihrem Eintritt in die Deutsche Bank im Jahr 2003 war sie in verschiedenen Funktionen in den Bereichen Strukturierung, Vertrieb, Handel und Unternehmensführung tätig. Coustar ist Mitglied des Executive Committee der Abteilung Anleihen- und Währungsgeschäft in der Investmentbank und stellvertretende Vorsitzende des Vorstands der Deutschen Bank Türkei. Sie vertritt die Deutsche Bank in der Glasgow Financial Alliance for Net Zero (GFANZ) und der Net Zero Banking Alliance, sie ist zudem Mitglied des Group Sustainability Steering Committees.

Claire, was beschäftigt Sie zurzeit?

Geopolitische und wirtschaftliche Faktoren – insbesondere die Sicherheit von Energie und Lieferketten sowie der Inflationsdruck – beschleunigen seit dem vergangenen Jahr die Investitionen in die Energiewende. Die Regierungen unterstützen diesen Trend mittlerweile deutlich aktiver durch Industrie-Politik. Beispielsweise haben der US-amerikanische „Inflation Reduction Act“ und der nachfolgende „Chips and Science Act“ einen Wettlauf darum ausgelöst, saubere Energie und kritische Bestandteile der Lieferkette anzusiedeln.

Was unternimmt die EU?

Die EU hat auf die durch die russische Invasion ausgelöste Energiekrise mit RePowerEU reagiert – ein Programm, das russisches Gas sehr effektiv ersetzt hat und zeigt, was Politik und Industrie erreichen können, wenn sie sich zusammentun. Für unser Geschäft bedeutet das: Investitionen in grüne Energien, die die Energiesicherheit unterstützen, bleiben ein dominierendes Thema.

Claire Coustar

Welche Rolle spielt unser Anleihen- und Währungsgeschäft in unserer ESG-Gesamtstrategie?

Wir sind spezialisiert auf forderungsbesicherte Darlehen und Projektfinanzierungen, einschließlich Kredite für Wind- und Solarenergie sowie energieeffiziente Immobilien, Diese Darlehen bilden die Basis des Green-Bond-Programms der Deutschen Bank.  Wir spielen auch eine entscheidende Rolle dabei grüne Anlageprodukte für unsere privaten und institutionellen Kunden zu entwickeln. Unser Handels- und Vertriebsgeschäft bietet die Bilanz, die Marktliquidität und eine globale Basis an institutionellen Kunden, um erfolgreich grüne, soziale, nachhaltige und nachhaltigkeitsbezogene Anleihen und Kredite zu emittieren. Und durch unsere Geschäfte in Schwellenländern unterstützen wir die sogenannte „gerechte Energiewende“ (Just Energy Transition) für Kunden mit hohen Emissionen.

Wie setzen Sie mit Ihrem Team diese Aufgaben um?

Meine Aufgabe ist es, die ESG-Strategie, die Kundenbindung, die Produktentwicklung, die Unternehmensführung in den verschiedenen Geschäftsbereichen sowie ein wachsendes nachhaltiges Geschäft zu entwickeln und umzusetzen. Wir haben zu diesem Zweck ein ESG-Kompetenz- und Lösungsteam mit dedizierter ESG-Expertise eingerichtet, und wir arbeiten eng mit den ESG-Champions in unseren Vertriebs-, Handels- und Strukturierungsteams zusammen, ebenso wie mit unseren Kolleg*innen im Risikobereich und in der Nachhaltigkeitsabteilung.

Welche neuen Produkte bieten Sie an und wie unterstützen diese die Nachhaltigkeitsziele der Deutschen Bank?

Wir entwickeln neue Produkte auf verschiedenen Gebieten, hier nur zwei Beispiele: Bei Sozialkrediten sind wir in den Bereichen bezahlbarer Wohnraum, Altenpflegeheime und Kreditvergabe für Gemeinden tätig, die nur schwer Zugang zu Bankdienstleistungen haben. Zudem bieten wir in Schwellenländern Sozialkredite für Gesundheit, Bildung, Abfall- und Wasserwirtschaft an. Unser Ziel ist es auch, eine Plattform für die Emission von Social Bonds, also Anleihen zu einem sozialen Zweck, zu entwickeln.

Wir werden sowohl bei Anleihen als auch bei Krediten mehr naturbezogene Emissionen sehen Claire Coustar

Gibt es ganz neue Anlageklassen?

Investitionen in die Natur sind ein sehr neuer Markt, aber wir sehen ein wachsendes Interesse der Anleger, ihr Geld in Produkte zu investieren, die einen positiven Effekt auf die Natur haben. Beispiele hierfür sind Indizes und Fonds mit Anlageregeln, die an Natur- und Biodiversitätskennzahlen gekoppelt sind, nachhaltigkeitsbezogene Anleihen und Kredite mit ESG-Leistungsindikatoren, die Wälder schützen, aber auch Private-Equity-Fonds mit Anlagemandaten, die eine positive Wirkung auf die Natur haben. Gleichzeitig setzen Regierungen und internationale Entwicklungsbanken auf Kapitalmarktlösungen, um ihre Biodiversitätsziele zu erreichen. Zusammen bedeutet dies, dass wir sowohl bei Anleihen als auch bei Krediten mehr naturbezogene Emissionen sehen werden.

Wie arbeiten Sie mit anderen Geschäftsbereichen zusammen, um Kunden auf dem Weg zu CO2-armen Geschäftsmodellen zu begleiten?

Wir haben einen „Transition Hub“ zwischen der Investmentbank und der Unternehmensbank geschaffen, um einheitliche Prinzipien zu entwickeln und unser Wissen über Kunden auszutauschen. Dies hilft unseren Kunden zu verstehen, was sie zum Beispiel in Bezug auf Ziele und Richtlinien umsetzen sollten, um sich auf den bestmöglichen Weg in Richtung Netto-Null zu begeben. Wir arbeiten zudem mit externen Partnern zusammen, zum Beispiel mit dem GFANZ Transition Workstream und anderen Interessengruppen, die die Dekarbonisierung vorantreiben wollen.

Was sind derzeit Ihre drei größten Herausforderungen?

Erstens: Die Risiken in der sich schnell entwickelnden regulatorischen ESG-Landschaft zu managen. Zweitens: Unseren Kunden dabei helfen zu verstehen, wie sie am besten Zugang zu den Märkten erhalten können. Das reicht davon, was Anleger von einem glaubwürdigen Übergang erwarten bis dahin, saubere Unternehmen in der Frühphase dabei zu unterstützen, ein gutes Narrativ für den Zugang zu den privaten Märkten zu entwickeln. Und Drittens: Ziele für unser eigenes Kreditportfolio setzen – und es dann entsprechend umzustellen.

Das Anleihen- und Währungsgeschäft ist maßgeblich dafür, wohin Kapitalströme fließen (...)

Wo erwarten Sie in den nächsten zwei Jahren die größten Fortschritte beim Anleihen- und Währungsgeschäft?

Das Anleihen- und Währungsgeschäft ist maßgeblich dafür, wohin Kapitalströme fließen und inwieweit die Bilanzen von Unternehmen, Banken und Regierungen entlastet werden. Daher erwarte ich, dass wir mit den Kunden sowohl auf der Anleger- als auch auf der Emittenten-Seite noch enger zusammenarbeiten. Unsere Aufgabe ist es, ihnen dabei zu helfen, die ESG-Landschaft und die Markterwartungen zu verstehen und besser zu steuern. Wir zeichnen uns darin aus, Produktinnovationen zu unterstützen und Kunden Zugang zu den Kapitalmärkten zu ermöglichen. In Bezug auf Klima-, Natur-, Sozial- und andere ESG-Themen erwarte ich, dass sich unsere Rolle als vertrauenswürdiger Berater und Lösungsanbieter für unsere Kunden weiter entwickeln wird.  

Sie sind seit 2021 in Ihrer Position. Worauf sind Sie besonders stolz?

Ich bin stolz darauf, dass wir jetzt den CO₂-Fußabdruck von Kunden berücksichtigen, wenn wir über Geschäfte entscheiden. Und darauf, dass unsere Teams ein sehr gutes Verständnis davon haben, wie stark die Energiewende die Weltwirtschaft strukturell verändern wird. Außerdem bin ich stolz auf die vielen leidenschaftlichen Fachleute, mit denen ich zusammenarbeite: Sie haben dafür gesorgt, dass ESG in unseren Kundengesprächen, dem Produktangebot und bei unseren Kontrollen ein „Muss" ist – und nicht mehr bloß ein „nice to have".

Diese Interviewserie ist Teil unseres – zunächst nur englischsprachigen – externen Newsletters „ESG Quarterly“, den Sie auf unserer Webseite abonnieren können.

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