
Tokenisierung: So geht's!
Mehr als bloßer Hype? Drei Beispiele aus der Praxis, die zeigen, wie sinnvoll, profitabel und kurzweilig Tokenisierung sein kann.

Sport
Sportteams, die die Bindung zu ihren Fans vertiefen und ihre Erträge diversifizieren wollen, setzen mit Begeisterung auf die Tokenisierung. Manchester City, der FC Porto und Paris St. Germain sind nur drei europäische Spitzenvereine, die bereits Fan-Token verkauft haben. Diese geben den Inhabern die Möglichkeit, Einfluss auf Vereins-Entscheidungen zu nehmen, Zugang zu exklusiven Spielen zu erhalten oder sich Rabatte zu sichern.
Die Inhaber der Fan-Tokens werden beispielsweise zur Musik befragt, die vor den Spielen gespielt wird, oder wie ein neues Angebot des Vereins oder im Stadion benannt werden soll. Diese Fan-Umfragen sind für den Verein oft bindend. Die Token können einfach gekauft und verkauft werden, und ihr relativ niedriger Preis in Verbindung mit der zunehmend globalen Fangemeinde des europäischen Fußballs hat dazu geführt, dass mehr als 50 Vereine schon in dieser Hinsicht aktiv sind. Der Token von Paris St. Germain hat die größte Marktkapitalisierung unter den europäischen Teams, während der brasilianische Verein FC Santos weltweit führend ist.
Die Token verleihen keine Eigentumsrechte am Verein, ihre Preise spiegeln jedoch gelegentlich die Erfolge des Vereins wider. Als im Sommer 2021 berichtet wurde, dass Cristiano Ronaldo zu Manchester City wechseln würde, stieg der Preis seines CITY-Fan-Tokens um 40 Prozent – bevor er wieder fiel, als der Transfer scheiterte. Ronaldo hat inzwischen seinen eigenen Fan-Token auf den Markt gebracht: den Ronaldo Coin.
Was mit Fußball begann, hat sich inzwischen auf eine Vielzahl von Sportarten ausgeweitet. So gibt es mittlerweile Fan-Token für das Formel-1-Team von Aston Martin und für den Kampfkunst-Verband Ultimate Fighting Championship (UFC): Wer ein UFC-Token besitzt, kann darüber abstimmen, wer bei den kommenden Kämpfen gegeneinander antritt.

Wälder
Gesunde Wälder sind ein wesentlicher Hebel, den Klimawandel zu verlangsamen und die Artenvielfalt zu schützen. Dennoch nimmt die Entwaldung weltweit weiter zu. Die Flächen werden gerodet und bebaut oder für die Landwirtschaft genutzt. Das bringt den Waldbesitzern schnelle Erträge.
Sie sind oft hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, ihre Wälder zu erhalten, und der Notwendigkeit, ihre Familien ernähren zu müssen. Ein junges Unternehmen aus Estland hat sich genau dafür etwas einfallen lassen. Single.Earth erstellt digitale Zwillinge – digitale Gegenstücke realer Objekte.
Mithilfe neuester Datenmodelle kann Single.Earth einem bestimmten Gebiet zuordnen, wieviel CO₂ es absorbiert oder wie intakt seine Biodiversität ist, und bildet das auf speziellen Token, den sogenannten Merits, ab. Unternehmen oder Anleger, die die Natur schützen oder einen Ausgleich für ihre CO₂-Emissionen suchen, können diese Token kaufen. So bieten sie den Waldbesitzern eine Einnahmequelle und erhalten damit die natürlichen Lebensräume.
Laut Single.Earth werden durch das System bereits acht Millionen Hektar Wald im Amazonasgebiet und in Estland geschützt, wodurch jährlich 130 Millionen Tonnen CO₂ gebunden und 270 Arten in ihren Lebensräumen geschützt werden.

Kunst
Einen Picasso oder Warhol zu besitzen, davon träumen viele Kunstfreunde. Dank Innovationen im Bereich der digitalen Vermögenswerte können nun viel mehr Menschen als zuvor ihre eigene Sammlung berühmter Kunstwerke aufbauen.
Eine Reihe von Investmentplattformen nutzen inzwischen die sogenannte Blockchain-Technologie, um Kunstwerke zu tokenisieren, sowohl berühmte als auch weniger berühmte. Das heißt, Anteile an einer Skulptur oder einem Ölgemäldes werden in Token abgebildet. Diese sogenannten Non-Fungible Tokens (NFTs), die sicher auf einer Blockchain gespeichert sind, sind offizielle Eigentums- und Echtheitszertifikate für das zugrunde liegende Kunstwerk. Man kann sie kaufen und verkaufen.
Nachdem die Investmentplattform Artemundi bereits Werke von Picasso und Salvador Dalí tokenisiert und verkauft hat, bietet sie derzeit Anteile an dem Werk „Composition, 1970“ des spanischen Surrealisten Joan Miró an. Die Mindestinvestition beträgt 50 Euro. Eine andere Plattform, Liveart.io, bietet für etwa denselben Preis Anteile an dem Werk „Pumpkin (2), 1990“ der japanischen zeitgenössischen Künstlerin Yayoi Kusama an.
Ein Gemälde kann man sich an die Wand hängen, einen Token nicht, aber er bietet Liquidität, ein diversifiziertes Portfolio und potenziell auch Gewinne, wenn der Verkaufspreis eines Tokens höher ist als der Einkaufspreis. Durch das Tokenisieren von Kunst wird Kunstbesitz niedrigschwelliger – für vergleichsweise wenig Geld und mit wenig Aufwand kann man Kunst kaufen.
Diese Seite wurde im April 2025 veröffentlicht

Michael Herman
… erstellt Inhalte für die Deutsche Bank und schreibt Reden für deren Führungskräfte. Ihn interessiert, wie Technologie den Besitz von Kunst demokratisieren und andere Investitionsmöglichkeiten eröffnen kann. Michael hätte gerne einen (tokenisierten) Ferrari.
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