Botschaft von John Cryan an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
heute ist mein erster Tag als Co-Vorsitzender des Vorstands der Deutschen Bank. Für mich ist es eine Ehre, diese Institution führen und mich als Ihr Kollege und „Deutschbanker“ bezeichnen zu dürfen. Ich freue mich sehr auf die nun vor mir liegende Aufgabe und darauf, meinen Beitrag zu leisten, die Bank zum Erfolg zu führen. Und ich hoffe, so viele von Ihnen wie möglich in den nächsten Monaten persönlich kennenzulernen.
Herausforderungen
Während meiner zwei Jahre im Aufsichtsrat sind mir unsere Stärken sehr klar geworden: Wir verfügen über viele enge Kundenbeziehungen, qualifizierte und engagierte Mitarbeiter, eine starke Marke, kulturelle Vielfalt und eine eindeutige Marktführerschaft in unserem Heimatmarkt sowie starke Positionen in vielen anderen Märkten.
Gleichzeitig wissen Sie, dass unsere Bank derzeit einigen sehr großen Herausforderungen gegenübersteht. Daher halte ich es für richtig, offen und ehrlich mit Ihnen darüber zu sprechen, wenn wir diese dann auch gemeinsam bewältigen wollen.
Unsere Reputation ist durch Fälle von schwerwiegendem Fehlverhalten beschädigt worden. In der Folge haben hohe Strafzahlungen unsere Kapitalressourcen belastet und werden wahrscheinlich auch noch für einige Zeit eine Belastung darstellen. Unsere Beziehungen zu unseren Aufsichtsbehörden müssen verbessert werden. Unsere jüngsten Bemühungen, höchste Verhaltensstandards innerhalb der Bank zu etablieren, hatten den ungewollten Effekt, dass unsere Entscheidungsprozesse langsamer und umständlicher geworden sind. Wir haben uns zu sehr nach innen ausgerichtet und sind dadurch bürokratischer geworden. Darunter hat unser Selbstvertrauen, mit der Außenwelt den Dialog zu führen, gelitten. Jürgen Fitschen und ich fühlen uns verpflichtet, diese Situation so schnell wie möglich zu überwinden und dabei sicherzustellen, dass wir bei unserem zukünftigen Handeln berücksichtigen, was schlecht gelaufen ist. Niemand kann versprechen, dass wir nie wieder einen Fehler machen werden. Aber ich kann Ihnen versichern, dass wir Probleme entschieden identifizieren, Lösungen finden und diejenigen zur Rechenschaft ziehen werden, die sich falsch verhalten.
Unsere gegenwärtige finanzielle Performance spiegelt nicht unser enormes Potenzial wider. Wir haben zugelassen, zu ineffizient zu sein. Mangelhafte und ineffektive Prozesse, veraltete und nicht angemessene Technologien, zu viele manuell ausgeführte Tätigkeiten und oftmals nicht zielführende Investitionen in unsere Infrastruktur haben unsere Kostenbasis steigen lassen. Dadurch wurde ein zu großer Teil unserer hart erwirtschafteten Erträge aufgebraucht.
Aus eigenem Antrieb heraus sind wir zu diversifiziert und zu komplex. Unser Geschäftsmodell muss einfacher werden. Zudem müssen wir interne Barrieren überwinden und eine Kultur der Zusammenarbeit schaffen. Das ist das Herzstück der Strategie 2020: Wir reduzieren den Umfang unserer Aktivitäten. Wir müssen nicht alles für jeden sein. Wo wir Geschäftsmöglichkeiten als unwesentlich erachten, Geschäftsaktivitäten schlechte Aussichten haben oder Geschäftsfelder nicht den Standards entsprechen, die wir erwarten, beenden wir sie – auch wenn das bedeutet, diese zu schließen.
Unsere internen Prozesse richten wir neu aus. Unsere Systeme und Prozesse müssen standardisiert, ältere Softwareanwendungen außer Betrieb genommen, Daten standardisiert und optimiert sowie unser Reporting-System verbessert werden. Wir müssen dem Überhandnehmen von Ausschüssen und Komitees entgegenwirken. Natürlich spielen Ausschüsse und Komitees manchmal eine sinnvolle Rolle, aber sie dürfen die persönliche Verantwortung des Einzelnen nicht ersetzen.
Ein Kollege sagte mir kürzlich, dass er neun Monate benötigt habe, um Vorstellungsgespräche zu führen und letztlich jemanden einzustellen. So etwas darf nicht mehr passieren. Wir müssen unsere Manager in ihrer Rolle bestärken und sie ermutigen, Entscheidungen zu treffen. Und wir müssen unsere Teams so führen, dass wir nach reiflicher Überlegung Entscheidungen treffen und dabei sicherstellen, dass diese im besten Interesse der Bank sind, angemessen dokumentiert und umgesetzt werden.
Wenn wir unseren Geschäftsbereichen, Infrastrukturfunktionen und Regionen mehr Entscheidungen übertragen, dann bedeutet dies auch eine Übertragung von entsprechenden Rechenschaftspflichten und Verantwortlichkeiten. In Hinblick auf unsere Verhaltensstandards hingegen, an die wir die höchsten Anforderungen legen, machen wir keinerlei Kompromisse. Und obgleich wir ergebnisorientiert bleiben, setzen wir die Anreize so, dass der Aspekt, „wie“ etwas erreicht wird, wichtiger ist als „wie viel“ erreicht wird.
Strategie
Die sechs Entscheidungen, auf die wir uns als Teil der Strategie 2020 verständigt haben, sind für uns grundlegend. Diese Entscheidungen sind vom Vorstand getroffen und vom Aufsichtsrat einstimmig unterstützt worden. Und daran halten wir auch weiterhin fest.
Als neuer Co-Vorsitzender des Vorstands möchte ich an meinem ersten Tag zum Ausdruck bringen, dass ich es für richtig halte, den Sommer und Frühherbst zu nutzen, um zu prüfen, wie diese Entscheidungen am Besten ausgeführt werden. Wir werden daher Markt und Öffentlichkeit bis Ende Oktober über weitere Details informieren.
Der weitere Weg
Dies alles mag durchaus eine ernüchternde Einführung sein – aber ich bin auch optimistisch. Mit den richtigen Instrumenten zur Messung, Steuerung und Kontrolle unserer Performance und unseres Verhaltens können wir die Potenziale in unserer Organisation freisetzen. Wir verfügen über eine unangefochtene Position in Deutschland, Europas größter Volkswirtschaft, und wir können und sollten hier eine größere Rolle spielen. Ebenso haben wir ein erstklassiges internationales Geschäft im Transaction Banking, das auch weiterhin im Fokus unserer Investitionen stehen wird.
Gleichermaßen investieren wir weiterhin in unser Privat- und Firmenkundengeschäft, Asset und Wealth Management und unser Investment Banking. Unser Handelsgeschäft mit Wertpapieren und Derivaten hingegen kann nicht mehr so bilanzintensiv sein. Diesen Luxus können wir uns nicht erlauben. Wenn wir diese Abhängigkeit reduzieren, sollte dies für uns auch keinen Wettbewerbsnachteil bedeuten, da der Markt sich bereits in diese Richtung bewegt. Wir können Kapazitäten für Wachstum freisetzen, indem wir existierende Positionen aktiver managen, und zwar nicht nur die in unserer Non-Core Operations Unit.
Was die Postbank betrifft, haben wir die nächsten Schritte bereits angekündigt und werden diese so schnell und effektiv wie möglich ausführen. Auch wenn uns der Weggang der Kollegen traurig stimmt, wünschen wir der Postbank alles Gute für eine erfolgreiche und unabhängige Zukunft.
Eines meiner persönlichen Ziele ist die Verbesserung der internen Kommunikation.
Zunächst möchte ich, dass der Vorstand Ihnen das, was er zu sagen hat, direkt sagt. Ich würde mir auch wünschen, dass unsere Kommunikation gegenseitig erfolgt. Es ist wichtig von Ihnen zu erfahren, was wir richtig machen und wo wir uns verbessern müssen. Ohne eine umfangreiche Bewertung der wesentlichen Fakten und Ansichten kann das Management keine guten Entscheidungen treffen.
Zum Schluss möchte ich Ihnen allen für Ihre Loyalität, Hingabe und Engagement gegenüber der Bank in der jüngst schwierigen Zeit danken. Auch möchte ich Anshu Jain für den erheblichen Beitrag danken, den er über mehr als 20 Jahre für die Bank geleistet hat. Für viele von Ihnen war er nicht nur eine Führungskraft, sondern ein Gründer Ihres Geschäfts.
Ich werde Ihnen nicht sagen, dass in den nächsten Monaten alles harmonisch und ohne Probleme verlaufen wird. Aber was ich Ihnen sagen kann, ist, dass Jürgen Fitschen, die anderen Vorstandsmitglieder und ich unermüdlich und unablässig daran arbeiten werden, dass die Deutsche Bank wieder dorthin zurückkehrt, wo sie hingehört: nämlich ins Herz der deutschen Gesellschaft und ihrer Wirtschaft, als eine führende globale Bank bei der Bereitstellung von Finanzdienstleistungen für institutionelle Kunden und Firmenkunden. Um unsere Strategie erfolgreich umzusetzen, müssen wir alle zusammenarbeiten. Ich hoffe, wir können dabei alle mit Ihrer Unterstützung rechnen.
Mit herzlichen Grüßen,
John Cryan
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Liebe Kolleginnen und Kollegen,
heute ist mein erster Tag als Co-Vorsitzender des Vorstands der Deutschen Bank. Für mich ist es eine Ehre, diese Institution führen und mich als Ihr Kollege und „Deutschbanker“ bezeichnen zu dürfen. Ich freue mich sehr auf die nun vor mir liegende Aufgabe und darauf, meinen Beitrag zu leisten, die Bank zum Erfolg zu führen. Und ich hoffe, so viele von Ihnen wie möglich in den nächsten Monaten persönlich kennenzulernen.
Herausforderungen
Während meiner zwei Jahre im Aufsichtsrat sind mir unsere Stärken sehr klar geworden: Wir verfügen über viele enge Kundenbeziehungen, qualifizierte und engagierte Mitarbeiter, eine starke Marke, kulturelle Vielfalt und eine eindeutige Marktführerschaft in unserem Heimatmarkt sowie starke Positionen in vielen anderen Märkten.
Gleichzeitig wissen Sie, dass unsere Bank derzeit einigen sehr großen Herausforderungen gegenübersteht. Daher halte ich es für richtig, offen und ehrlich mit Ihnen darüber zu sprechen, wenn wir diese dann auch gemeinsam bewältigen wollen.
Jürgen Fitschen und ich fühlen uns verpflichtet, diese Situation so schnell wie möglich zu überwinden und dabei sicherzustellen, dass wir bei unserem zukünftigen Handeln berücksichtigen, was schlecht gelaufen ist. Niemand kann versprechen, dass wir nie wieder einen Fehler machen werden. Aber ich kann Ihnen versichern, dass wir Probleme entschieden identifizieren, Lösungen finden und diejenigen zur Rechenschaft ziehen werden, die sich falsch verhalten.
Ein Kollege sagte mir kürzlich, dass er neun Monate benötigt habe, um Vorstellungsgespräche zu führen und letztlich jemanden einzustellen. So etwas darf nicht mehr passieren. Wir müssen unsere Manager in ihrer Rolle bestärken und sie ermutigen, Entscheidungen zu treffen. Und wir müssen unsere Teams so führen, dass wir nach reiflicher Überlegung Entscheidungen treffen und dabei sicherstellen, dass diese im besten Interesse der Bank sind, angemessen dokumentiert und umgesetzt werden.
Wenn wir unseren Geschäftsbereichen, Infrastrukturfunktionen und Regionen mehr Entscheidungen übertragen, dann bedeutet dies auch eine Übertragung von entsprechenden Rechenschaftspflichten und Verantwortlichkeiten. In Hinblick auf unsere Verhaltensstandards hingegen, an die wir die höchsten Anforderungen legen, machen wir keinerlei Kompromisse. Und obgleich wir ergebnisorientiert bleiben, setzen wir die Anreize so, dass der Aspekt, „wie“ etwas erreicht wird, wichtiger ist als „wie viel“ erreicht wird.
Strategie
Die sechs Entscheidungen, auf die wir uns als Teil der Strategie 2020 verständigt haben, sind für uns grundlegend. Diese Entscheidungen sind vom Vorstand getroffen und vom Aufsichtsrat einstimmig unterstützt worden. Und daran halten wir auch weiterhin fest.
Als neuer Co-Vorsitzender des Vorstands möchte ich an meinem ersten Tag zum Ausdruck bringen, dass ich es für richtig halte, den Sommer und Frühherbst zu nutzen, um zu prüfen, wie diese Entscheidungen am Besten ausgeführt werden. Wir werden daher Markt und Öffentlichkeit bis Ende Oktober über weitere Details informieren.
Der weitere Weg
Dies alles mag durchaus eine ernüchternde Einführung sein – aber ich bin auch optimistisch. Mit den richtigen Instrumenten zur Messung, Steuerung und Kontrolle unserer Performance und unseres Verhaltens können wir die Potenziale in unserer Organisation freisetzen. Wir verfügen über eine unangefochtene Position in Deutschland, Europas größter Volkswirtschaft, und wir können und sollten hier eine größere Rolle spielen. Ebenso haben wir ein erstklassiges internationales Geschäft im Transaction Banking, das auch weiterhin im Fokus unserer Investitionen stehen wird.
Gleichermaßen investieren wir weiterhin in unser Privat- und Firmenkundengeschäft, Asset und Wealth Management und unser Investment Banking. Unser Handelsgeschäft mit Wertpapieren und Derivaten hingegen kann nicht mehr so bilanzintensiv sein. Diesen Luxus können wir uns nicht erlauben. Wenn wir diese Abhängigkeit reduzieren, sollte dies für uns auch keinen Wettbewerbsnachteil bedeuten, da der Markt sich bereits in diese Richtung bewegt. Wir können Kapazitäten für Wachstum freisetzen, indem wir existierende Positionen aktiver managen, und zwar nicht nur die in unserer Non-Core Operations Unit.
Was die Postbank betrifft, haben wir die nächsten Schritte bereits angekündigt und werden diese so schnell und effektiv wie möglich ausführen. Auch wenn uns der Weggang der Kollegen traurig stimmt, wünschen wir der Postbank alles Gute für eine erfolgreiche und unabhängige Zukunft.
Zunächst möchte ich, dass der Vorstand Ihnen das, was er zu sagen hat, direkt sagt. Ich würde mir auch wünschen, dass unsere Kommunikation gegenseitig erfolgt. Es ist wichtig von Ihnen zu erfahren, was wir richtig machen und wo wir uns verbessern müssen. Ohne eine umfangreiche Bewertung der wesentlichen Fakten und Ansichten kann das Management keine guten Entscheidungen treffen.
Zum Schluss möchte ich Ihnen allen für Ihre Loyalität, Hingabe und Engagement gegenüber der Bank in der jüngst schwierigen Zeit danken. Auch möchte ich Anshu Jain für den erheblichen Beitrag danken, den er über mehr als 20 Jahre für die Bank geleistet hat. Für viele von Ihnen war er nicht nur eine Führungskraft, sondern ein Gründer Ihres Geschäfts.
Ich werde Ihnen nicht sagen, dass in den nächsten Monaten alles harmonisch und ohne Probleme verlaufen wird. Aber was ich Ihnen sagen kann, ist, dass Jürgen Fitschen, die anderen Vorstandsmitglieder und ich unermüdlich und unablässig daran arbeiten werden, dass die Deutsche Bank wieder dorthin zurückkehrt, wo sie hingehört: nämlich ins Herz der deutschen Gesellschaft und ihrer Wirtschaft, als eine führende globale Bank bei der Bereitstellung von Finanzdienstleistungen für institutionelle Kunden und Firmenkunden. Um unsere Strategie erfolgreich umzusetzen, müssen wir alle zusammenarbeiten. Ich hoffe, wir können dabei alle mit Ihrer Unterstützung rechnen.
Mit herzlichen Grüßen,
John Cryan
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