Nachricht 2. Februar 2018

Rede von John Cryan auf der Jahresmedienkonferenz

Liebe Journalistinnen und Journalisten,

liebe Medienvertreter,

auch ich begrüße Sie herzlich zu unserer Jahresmedienkonferenz.

Lassen Sie mich direkt zum Punkt kommen: Wir haben auch 2017 unter dem Strich einen Verlust zu verzeichnen. Ja, es ist der dritte Verlust in Folge. Dennoch möchte ich festhalten: Vor Steuern haben wir zum ersten Mal seit 2014 schwarze Zahlen geschrieben. Ohne die einmaligen Belastungen durch die US-Steuerreform würden wir Ihnen heute einen Nettogewinn von fast einer Milliarde Euro präsentieren – nach Verlusten von 6,8 Milliarden Euro im Jahr 2015 und 1,4 Milliarden Euro 2016.

Natürlich wäre auch eine Milliarde Euro Gewinn für uns nicht zufriedenstellend gewesen. Aber ein solches Ergebnis hätte eher sichtbar gemacht, wo wir heute wirklich stehen. Es würde zeigen: Wir haben aufgeräumt. Und wir sind auf dem richtigen Weg.

Ich bin vor zweieinhalb Jahren angetreten, die Deutsche Bank wieder so aufzustellen, dass sie ihr volles Potenzial ausschöpfen kann. Es war immer klar, dass dies mehr als zwei oder drei Jahre dauern würde. Und auf dem Weg dahin kommen wir trotz einiger Rückschläge gut voran.

Drei Phasen des Umbaus

Lassen Sie mich einmal kurz daran erinnern, wo wir im Juli 2015 standen:

  • Wir hatten milliardenschwere Altlasten in der Bilanz und viele ungelöste Rechtsfälle.
  • Es gab anhaltende Zweifel, ob wir genug Kapital hätten.
  • Unsere Kontrollsysteme mussten verbessert werden.
  • Unsere IT war rückständig und viel zu komplex.
  • Unser Geschäft war in viele Silos gegliedert.
  • Und unsere Reputation war am Boden.

John Cryan auf der Jahresmedienkonferenz 2018 der Deutschen Bank Aus diesem Zustand haben wir die Bank gemeinsam herausgeführt. Wir haben viele harte Entscheidungen getroffen, die kurzfristig unser Ergebnis belastet haben, sich mittelfristig aber positiv auswirken werden.

„We didn’t want to kick the can any further down the road“, wie es auf Englisch heißt.

Der Umbau unserer Bank hat sich bisher, grob betrachtet, in drei Phasen gegliedert, wobei die einzelnen Phasen nicht strikt voneinander getrennt sind.

Phase 1
Zunächst ging es vor allem darum aufzuräumen – dies dauert weiter an, doch wir nähern uns dem Ende: Wir haben unsere internen Kontrollen gestärkt, wichtige Rechtsfälle abgeschlossen, unsere Bank einfacher und besser steuerbar gestaltet und die Beziehungen zu unseren Aufsichtsbehörden normalisiert.

Hier einige Beispiele für das, was wir seit Ende 2015 erreicht haben:

  • Wir haben unsere Risiken aus Rechtsfällen und aufsichtsrechtlichen Untersuchungen erheblich reduziert. Von den 20 wichtigsten Fällen, auf die vor zwei Jahren noch rund 90 Prozent unserer rechtlichen Risiken entfielen, sind inzwischen 15 ganz oder zum größeren Teil beigelegt.
  • Gleichzeitig haben wir unsere internen Kontrollen kontinuierlich gestärkt. Wir haben unsere Bereiche Anti-Financial Crime und Compliance auf mehr als 2.500 Mitarbeiter aufgestockt. Wir investieren nun in neue Technologien, um Kontrollen zu automatisieren und die Abläufe zuverlässiger zu gestalten.
  • Wir haben umfangreiche Altlasten in der Bilanz abgebaut. Die dafür geschaffene Einheit NCOU konnten wir vor einem Jahr schließen – früher als ursprünglich geplant. Durch den Abbau haben wir über die Jahre unsere Kernkapitalquote um etwa zwei Prozentpunkte verbessert. Dies entspricht in etwa dem Effekt, den später unsere Kapitalerhöhung hatte.
  • Zudem ist unsere Bank heute deutlich weniger komplex und gleichzeitig viel stärker technologiegetrieben:
    • Wir nutzen keine 45 verschiedenen Betriebssysteme mehr, sondern nur noch 32, und wir schreiten zügig dabei voran, weitere Systeme stillzulegen.
    • In den vergangenen Jahren haben wir uns von Geschäftseinheiten getrennt, die nicht mehr zu unserer Strategie passen.
    • Auch unser internationales Netz haben wir dort verkleinert, wo wir wenig Perspektive sahen: Aus zehn Ländern haben wir uns praktisch zurückgezogen, in sieben weiteren unser Geschäft erheblich reduziert oder umgebaut. Dieses Länder-Programm haben wir im Herbst 2017 abgeschlossen – in nur 18 Monaten statt der geplanten 36.


Phase 2
Gleichzeitig änderte sich unser Umfeld: Die Marktbedingungen wurden teilweise schlechter, und angesichts der Unruhe um die Vergleichsforderung des amerikanischen Justizministeriums fragten viele Kunden, wie sicher unsere Bank noch war. Darauf reagierten wir im Frühjahr 2017 mit Phase zwei unseres Umbaus – es ging darum, unser Kapital zu stärken und unsere Bank besser aufzustellen.

  • Wir haben acht Milliarden Euro an Kapital aufgenommen, haben bestehende Zweifel an unserer Finanzstärke ausgeräumt und gehören heute mit einer Kernkapitalquote von 14 Prozent zur Spitzengruppe unter unseren Wettbewerbern.
  • Im Zuge der Kapitalerhöhung haben wir auch unsere Geschäftsbereiche neu zugeschnitten:
    • Wir haben eine integrierte Unternehmens- und Investmentbank geschaffen, in deren Fokus internationale Unternehmen stehen. Sie ist führend in Europa und verfügt über ein globales Netzwerk.
    • Wir sind dabei, die mit Abstand größte Privat- und Firmenkundenbank in Deutschland mit mehr als 20 Millionen Kunden zu schaffen – ein klares Bekenntnis zu unserem Heimatmarkt. Dafür haben wir die Entscheidung vom Frühjahr 2015 revidiert, die Postbank zum Verkauf zu stellen. Größenvorteile werden immer wichtiger – gerade mit Blick auf die Digitalisierung. Bereits heute nutzen mehr als elf Millionen Kunden unsere digitalen Angebote.
      Künftig haben wir zwei Marken – aber in einer Rechtseinheit, mit einer gemeinsamen IT und unter einer gemeinsamen Führung. Bei der Integration liegen wir im Plan.
      Wir können darauf aufbauen, was die blaue und die gelbe Bank in den Jahren und Monaten zuvor erreicht haben – jede für sich. So haben wir etwa bei der Deutschen Bank fast 190 Filialen geschlossen. In der gesamten Privat- und Firmenkundenbank haben wir allein 2017 rund 1.600 Stellen abgebaut.
    • Unsere Vermögensverwaltungstochter ist auf dem besten Weg, zu alter Stärke zurückzufinden – unterstützt von einer größeren Autonomie, die bereits jetzt neue Kräfte freisetzt. Im Zuge des Börsengangs taufen wir das gesamte Asset Management weltweit in DWS um. Auch das ist ein Bekenntnis zum Heimatmarkt und zu unseren Wurzeln.

Phase 3
Damit sind wir nun in der dritten Phase unseres Umbaus angelangt. Sie steht unter der Überschrift: Wachstum bei anhaltender Kosten- und Risikodisziplin! Wir wollen zu nachhaltigen Gewinnen für unsere Aktionäre kommen.

Erfolge bei den Kunden

Meine Damen und Herren, wir haben in den vergangenen zweieinhalb Jahren viel dafür getan, unsere Bank richtig aufzustellen. Ja, wir haben zuletzt Gegenwind bekommen. Aber: Das Geschäft mit unseren Kunden nimmt wieder Fahrt auf – in allen Sparten.

  1. Im Investmentbanking liegen wir weltweit auf Rang sechs, wie die Ertrags-Ranglisten von Coalition für die ersten drei Quartale 2017 zeigen. Damit haben wir weiterhin den größten Marktanteil aller nichtamerikanischen Banken. Im Anleihe- und Währungshandel sind wir weiterhin die Nummer drei. Auch hier sind wir ein Vorreiter bei der Digitalisierung des Geschäfts – so haben wir 2017 den Programmcode für Schnittstellen zu unserer Plattform Autobahn veröffentlicht, damit Kunden leichter an unsere Systeme andocken können.
  2. Besonders erfolgreich waren wir zuletzt im Beratungs- und Finanzierungsgeschäft mit Unternehmen. Bei angekündigten Fusionen und Übernahmen haben wir uns 2017 vom zehnten auf den sechsten Platz nach vorne gearbeitet. In Deutschland bleiben wir die klare Nummer eins und konnten unseren Marktanteil ausbauen. Zuletzt haben uns unsere Kunden bei drei der fünf größten Deals weltweit als Berater mandatiert.
  3. Unsere Transaktionsbank litt unter geringeren Margen und hat diverse Randgeschäfte eingestellt. Insbesondere im zweiten Halbjahr 2017 haben wir aber wieder neue Mandate gewonnen. Auch das sollte sich bald auf der Ertragsseite bemerkbar machen.
  4. In der Privat- und Firmenkundenbank konnten wir die operativen Erträge in etwa stabil halten – das ist angesichts der weiterhin extrem niedrigen Zinsen und des laufenden Umbaus unserer Bank mehr als beachtlich. Das haben wir den Erfolgen im Kreditgeschäft und der Wertpapierberatung zu verdanken. Wir haben dieses Jahr etwa 2.500 Firmenkunden dazugewonnen, auch, weil wir unser Angebot für Mittelständler ausgebaut haben, zum Beispiel beim Zins- und Währungsmanagement.
    Unser digitales Angebot macht große Fortschritte. Mit unserer erfolgreichen Mobile-App haben wir bereits viele Preise gewonnen. Wir entwickeln sie stetig weiter. Und wir haben zusätzliche Angebote gestartet – zum Beispiel unseren digitalen Anlageberater ROBIN.
    Darüber hinaus bauen wir unser Angebot für Vermögenskunden ständig aus, digital und analog: Wir haben neue Apps eingeführt und stellen gleichzeitig rund 100 Berater weltweit ein.
  5. Bei der DWS kommen wir bei den Vorbereitungen für den Börsengang sehr gut voran – ohne unsere Kunden zu vernachlässigen. Es freut uns besonders, dass sie uns im vergangenen Jahr netto 16 Milliarden Euro an neuen Geldern anvertraut haben. Mit einem Anteil von rund 27 Prozent im Neugeschäft bleiben wir in unserem deutschen Heimatmarkt klar führend. Bei börsengehandelten Fonds – ETFs – bleiben wir europaweit die Nummer zwei.

All das zeigt: Wir sind auf einem guten Weg. Und vieles von dem, was ich gerade aufgezählt habe, sehen Sie noch gar nicht in unseren Ergebnissen.

Natürlich müssen wir flexibel bleiben, wenn sich das Marktumfeld oder die Regulierung weiter ändern – Stillstand wird es nicht geben. Dabei geht es um Evolution, nicht um Revolution.

Einordnung 4. Quartal

Aber, werden Sie nun einwenden, was ist mit dem schwachen vierten Quartal?

Unser Finanzvorstand James von Moltke wird gleich im Detail auf die vorläufigen Ergebnisse eingehen. Einige wichtige Punkte vorab:

  • Wie schon gesagt, geht der Jahresverlust maßgeblich auf die einmalige Belastung durch die Steuerreform in den USA zurück.
  • Die Erträge litten unter dem Umfeld im Handelsgeschäft. Das vierte Quartal war eines der schwierigsten seit 2008, vor allem im Handel mit festverzinslichen Wertpapieren. Das zeigen auch die Handelserträge vieler unserer Wettbewerber. Man muss kein großer Optimist sein, um zu sagen: So unfreundlich wird das Umfeld nicht auf Dauer bleiben. Im Aktiengeschäft, wo wir zuletzt schwächer abschnitten als die Konkurrenz, haben wir uns personell verstärkt.
  • Alles andere als zufrieden sind wir sicherlich mit der jüngsten Entwicklung unserer Kosten. Allerdings spiegelt das vierte Quartal nicht wider, wo wir mit unseren Sparbemühungen tatsächlich stehen. Auch dies wird Ihnen James gleich erläutern.

Wichtig ist mir: Wir stehen zu unserem Ziel, die bereinigten Kosten der Deutschen Bank weiter zu senken. Für 2018 hatten wir 22 Milliarden Euro angestrebt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass wir einige Geschäftseinheiten – anders als geplant – noch nicht verkauft haben. Dies führt zu zusätzlichen Kosten von 900 Millionen Euro – dem stehen aber zusätzliche Erträge in ähnlicher Höhe gegenüber. Unser Kostenziel für 2018 entspricht damit etwa 23 Milliarden Euro.

Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir diszipliniert bleiben – und an so manchen Stellen noch disziplinierter werden.

Dass wir sparen können, haben wir schon bewiesen. Wir haben gezeigt, dass es sehr wohl möglich ist, bei der Deutschen Bank die Ausgaben substanziell zu senken. Binnen zwei Jahren haben wir die bereinigten Kosten um 2,6 Milliarden Euro verringert.

2018 gilt es nun, eine weitere Milliarde Euro einzusparen, um unser Kostenziel zu erreichen.

Dafür braucht es keine spektakulären neuen Programme. Es geht hier um konsequentes Kostenmanagement – und das Tag für Tag in der ganzen Bank. Lange fiel das unseren Führungskräften offensichtlich schwer, allmählich aber entsteht eine neue Kostenkultur.

Die Bezahlung unserer Mitarbeiter wird sich konsequent am Geschäftserfolg unserer Bank orientieren. Die diesjährige variable Vergütung ist eine einmalige Investition, um der neuen Führung unserer Unternehmens- und Investmentbank die Chance zu geben, unsere Marktposition zu sichern und auf ausgewählten Geschäftsfeldern auszubauen. Kommendes Jahr ist eine ähnliche variable Vergütung nur bei entsprechendem Geschäftserfolg zu rechtfertigen.

Heißt das nun, dass wir unsere Mitarbeiter nächstes Jahr schlechter bezahlen werden? Davon gehe ich nicht aus. Denn ich sehe ein erfolgreiches Geschäftsjahr 2018 vor uns.

Ausblick

Warum bin ich optimistisch?

  • Wir werden beim Abbau der Kosten einen weiteren Sprung nach vorn machen.
  • Im Emissions- und Beratungsgeschäft sind unsere Auftragsbücher gut gefüllt, und unsere Kunden sind zusehends aktiver.
  • Die Volatilität an den Märkten dürfte wieder steigen, das erwarten unsere Volkswirte. Dadurch würde sich auch die Handelstätigkeit an den Finanzmärkten ein Stück weit normalisieren.

Mittelfristig spielt das Zinsumfeld eine wichtige Rolle. Das möchte ich Ihnen mit einer Modellrechnung verdeutlichen: Würde die Europäische Zentralbank ihre Leitzinsen um nur einen Prozentpunkt anheben, brächte uns dies allein im ersten Jahr zusätzliche Erträge von 1,4 Milliarden Euro, im zweiten Jahr wären es 1,6 Milliarden Euro – und das ohne zusätzliche Kosten.

Schluss

Lassen Sie mich zum Schluss kommen: Ich bin fest davon überzeugt, dass wir die Voraussetzungen für eine nachhaltige Trendwende geschaffen haben.

  • Sind wir in die richtige Richtung unterwegs? Ja!
  • Machen wir wieder Boden gut? Ja!
  • Gewinnen wir verlorengegangenes Vertrauen zurück? Ja!
  • Sind wir mit unseren derzeitigen Ergebnissen zufrieden?
    Auf gar keinen Fall!

Deshalb wird auch 2018 wieder ein Jahr harter Arbeit. Ein Jahr, in dem wir aber zu Recht wieder an uns glauben. Ein Jahr, in dem wir weiter investieren und im Geschäft mit unseren Kunden noch besser werden wollen. Und ein Jahr, in dem wir einen Gewinn anstreben – nicht nur vor Steuern, sondern natürlich auch nach Steuern.

Vielen Dank!

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