Nachricht 31. März 2020

Wie Asien das Corona-Virus bekämpft

Die Asien-Analysten von Deutsche Bank Research – Michael Spencer, Juliana Lee und Yi Xiong – untersuchen, wie die großteils dichtbesiedelten Länder des Kontinents gegen das Corona-Virus kämpfen und mit welchen Strategien sie die Infektionskurve abflachen. „Unseres Erachtens muss sich das Verhalten der Menschen ändern, um das Virus aufzuhalten. Sie in ihren Wohnungen einzusperren, ist nicht die Lösung“, schrieb Spencer, Chefvolkswirt für die Region Asien-Pazifik, in einer Analyse vom 25. März. Wenn man die Menschen richtig informiere, würden sie von sich aus soziale Distanz wahren, so Spencer, und so dazu beitragen, dass die Kurve flacher verläuft.

Die Ökonomen haben festgestellt, dass der Informationsfluss zu Beginn der Krise in China nur langsam in Gang kam. So haben die Behörden wertvolle Zeit und auch Glaubwürdigkeit verloren. Nachdem aber detaillierte Informationen über die Zahl der Infektionen, insbesondere außerhalb der Provinz Hubei zur Verfügung standen, wo weniger Menschen infiziert waren, verbesserte sich die Lage erkennbar.

In den vergangenen zwei Wochen verzeichnete China nur noch 610 Neuansteckungen, wovon 98 Prozent Menschen betrafen, die aus dem Ausland einreisten. Die Menschen vor Ort stecken sich also so gut wie nicht mehr gegenseitig an. In der Folge hat die chinesische Regierung erste Reisebeschränkungen aufgehoben und das Land kehrt schrittweise zu einer gewissen Normalisierung zurück. Dagegen mobilisiert jetzt der Rest der Welt alle Kräfte, um die Verbreitung des Virus einzudämmen.

Die wirkungsvollste Waffe gegen das Virus: Information

In Hongkong, Singapur, Südkorea und Taiwan stellen die Behörden seit Anfang Januar täglich aktualisierte Informationen zu bestätigten Infektionen, Behandlungsmöglichkeiten und Todesfällen zur Verfügung. „Und weil die Fallzahl erheblich geringer ist, können mehr Informationen bereitgestellt werden. In Hongkong und Singapur werden alle Fälle im Detail mit Angaben zum Ort der Ansteckung, Bewegungsprofilen und möglichen Verbindungen zu anderen Infizierten beschrieben. Diese Daten sind auf den Internetseiten der Regierungen verfügbar. So kann man sehen, wo Infizierte wohnen, und dementsprechend sein eigenes Ansteckungsrisiko beurteilen“, erläutert Spencer.

Die Kontakte infizierter Menschen nachzuverfolgen ist aufwändig und schwierig. Zeitweilig arbeiteten in Wuhan 1.800 Teams mit mindestens fünf Mitarbeitern daran, täglich zehntausende von Kontaktpersonen ausfindig zu machen. Sowohl China als auch Südkorea und Singapur haben den Bürgern Smartphone-Apps angeboten, mit denen auf freiwilliger Basis ihre Kontakte nachverfolgt werden konnten.

Die Privatwirtschaft trägt dazu bei, die behördlich gesammelten Daten für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen – und selbst zu erheben. So lieferten Telekommunikationsunternehmen und Software-Anbieter Bewegungsprofile und Daten wie Fahrkartenkäufe für Busse und Bahnen sowie Flugtickets und Sitzreservierungen, die Reisende mit bestätigter COVID-19-Infektion getätigt hatten.

Früh und viel testen

Südkorea erkannte sehr früh, wie wichtig es ist, infizierte Personen zu testen. „Sowohl die südkoreanischen Behörden als auch die Medizinbranche reagierten schnell, und da der Genehmigungsprozess für die Tests abgekürzt werden konnte, standen diese innerhalb von nur einer Woche zur Verfügung. Dies hätte unter normalen Umständen über ein Jahr gedauert“, erklärt Chefvolkswirtin Juliana Lee. In den meisten Ländern Asiens werden die offensichtlich am stärksten gefährdeten Personen getestet: diejenigen mit Symptomen und ihre engen Kontaktpersonen.

Was folgern wir daraus?

Für Beobachter aus anderen Regionen wirken die Maßnahmen einiger Regierungen in Asien sehr strikt. Einige meinen, dass es in liberaleren politischen Systemen schwieriger sei, den Verlauf der Infektionskurve zu verflachen.

Dazu schreibt Michael Spencer: „Unserer Ansicht nach verkennen diese Analysen die Tatsachen, und dies nicht nur, weil neben China auch Indien, Malaysia und die Philippinen Ausgangssperren verhängt und die Regierungen weltweit zu einer rigorosen sozialen Distanzierung raten.“

„Wir sind der Auffassung, dass epidemiologischen Daten wichtige Informationen bieten, wie die derzeitige Corona-Pandemie und spätere Krankheitswellen bekämpft werden können“, fügt er hinzu.

Die Erfahrungen aus Hongkong, Japan, Singapur und Taiwan zeigen, dass die Menschen ihr Verhalten anpassen, wenn sie akkurate und verlässliche Informationen erhalten. Indem man den Menschen ermöglicht, auf Basis dieser Informationen selbst zu entscheiden, können die Behörden erreichen, dass auch ohne Zwangsmaßnahmen soziale Distanz gewahrt und so die Ansteckungskurve verflacht wird.

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