yfood CEO Noel Bollmann

„Wir mussten den Leuten erstmal vermitteln, dass das Essen ist”

Mit der Gründung von yfood machten Noel Bollmann und Benjamin Kremer Trinkmahlzeiten in Deutschland populär. Heute ist yfood Marktführer in Europa und beschäftigt über 200 Mitarbeitende. Noel Bollmann spricht über die Zukunft des Unternehmens und warum es weiterhin den US-Markt erobern will.

yfood Labs Loungebereich

Beide Gründer kommen ursprünglich aus der Finanzbranche. Als Banker und Unternehmensberater saßen sie oft noch nachts mit leerem Magen im Büro und griffen zu Schokoriegel oder Keksen. Gesunde Alternativen: Fehlanzeige. Das wollten sie ändern – und hatten mit yfood, zunächst vor allem ihre eigene Generation „Y” im Blick.  

Heute ist yfood in Europa Marktführer für Trinkmahlzeiten und hat die Angebotspalette auf Riegel, Shakes und Bowls ausgeweitet. Mittlerweile kennen nach Angaben der Gründer zwei Drittel der Deutschen die Produkte. Das liegt auch an den breit angelegten, mitunter provokativen Kampagnen mit Prominenten und Influencern – und nicht zuletzt am Verpackungsdesign mit dem auffälligen Schriftzug.

Noel, es gibt euch nun seit etwas mehr als sieben Jahren auf dem Markt. Wann gab es das erste Mal so ein Durchatmen, das Gefühl: Jetzt haben wir es geschafft?

Das war nach unserer ersten erfolgreichen Finanzierungsrunde, das war 2018. Bis dahin mussten wir unseren Cashflow schon sehr zusammenhalten, wir segelten immer an einer Null auf dem Konto entlang. Der kleinste Fehler konnte bedrohlich sein für die Firma, es war ein Ritt auf der Rasierklinge. Dass das Skalieren mit so wenig Geld funktioniert hat, war nicht selbstverständlich. Als wir dann die erste Finanzierungsrunde geschafft hatten, war das erste Mal ein finanzielles Polster da. Und es war einer der erfahrensten Foodtech-Investoren, der an uns geglaubt hat. Diese externe Bestätigung war ein enorm wichtiges Signal: unser Modell hat Zukunftspotenzial.

Yfood Noel Bollmann

Am Anfang segelten wir immer an einer Null auf dem Konto entlang.
Noel Bollmann, Gründer und CEO von yfood

Was waren eure größten Schwierigkeiten in der Anfangszeit?

Es waren vor allem zwei Dinge, würde ich sagen. Wir mussten erstmal viel erklären, da wir eine völlig neue Produktkategorie auf den Markt gebracht haben. Es ist eben kein Diät- oder Protein-Shake, da wollten wir uns bewusst abgrenzen. Und wir mussten jemanden finden, der das Produkt überhaupt mit uns produziert. Wir sind mehrfach abgewiesen worden, die Leute haben uns teilweise einen Vogel gezeigt. Es hat erst geklappt, als wir uns bereit erklärt haben, mindestens eine Million Flaschen zu produzieren.

Differenzierung durch Marketing

Ihr hattet mit yfood vor allem vielbeschäftigte Büroleute im Blick. Wann habt ihr gemerkt, dass auch noch andere Leute zugreifen?

Wir hatten ursprünglich mit einer sehr spitzen Zielgruppe gerechnet, haben allerdings schon mit bei ersten Gehversuchen gespürt, dass wir viel breitere Kreise erreichen. Wir haben gemerkt: Okay, eigentlich ist das Produkt für jeden da, der sich ausgewogen ernähren will, aber oft keine Zeit hat. Angefangen bei Ärzten und Krankenschwestern bis zu Fernfahrern. Einer unserer ersten Influencer war ein Truck-Driver-Influencer. Wir sind zunächst sehr digital gestartet mit unserem Marketing, von daher kann man schon sagen, dass wir in den ersten Jahren über die jüngere Zielgruppe groß geworden sind – und es haben und deutlich mehr Männer gekauft. Wir haben aber bemerkt, dass wir starke Abstrahleffekte haben, zum Beispiel auf die Eltern. Jetzt investieren wir mehr in Massenmedien, um eine breitere Bevölkerung anzusprechen. Und das Geschlechterverhältnis ist mittlerweile sehr ausgewogen, wir sind jetzt sozusagen eine „Unisex-Marke." 

Wir sind jetzt eine „Unisex-Marke".Noel Bollmann, Gründer und CEO von yfood

Ihr seid von Anfang an im stationären Handel vertreten gewesen und ihr habt einen Online-Versand. Wie wichtig ist es, zweigleisig zu fahren, auch mit Blick auf eure Expansion in andere Länder?

Dass unsere Produkte schnell und einfach verfügbar sind, war uns von Anfang an sehr wichtig, das ist ja quasi auch eine unserer Gründungsmotivationen gewesen. Egal, ob an der Tankstelle, im Supermarkt oder eben Online. Dafür kooperieren wir in Deutschland mit den großen Handelsketten wie REWE, Edeka, Kaufland, Rossmann und Müller. In den Ländern, in denen wir vor Ort Teams und Büros haben, bauen wir lokale Händler-Strukturen auf. Aktuell sind wir zum Beispiel in der Schweiz, England, den nordischen Staaten und Spanien im Einzelhandel zu finden. Online versenden wir in mehr als 30 Länder.

Ihr seid in Europa groß geworden, habt aber vor einiger Zeit angekündigt, dass ihr den US-Markt erobern wollt. Ist das in der aktuellen politischen Situation überhaupt noch möglich?

Ja, wir glauben schon, dass unsere Marke großes Potenzial in den USA hat und dass unser Slogan „Smart Food statt Fast Food “ dort gut ankommen wird. Unsere Strategie für die USA ist, dass wir dort lokal produzieren möchten. Gleichzeitig schauen wir geographisch auch in die andere Richtung, nach China. Wir haben dort vor ein paar Wochen die ersten Online-Verkäufe gemacht und sind sehr gespannt, wie sich das weiterentwickelt. Überhaupt schauen wir jetzt intensiver auf mehrere neuen Länder. Das ist sehr spannend gerade.

Wenn du an die Zukunft von yfood denkst: Geht es dann vor allem um neue Märkte oder plant ihr auch neue Produkte?

Die Internationalisierung ist wichtig. Unser Traum wäre es, dass wir sowohl im Supermarkt in Los Angeles als auch in einem Seven Eleven in Shanghai zu finden sind. Gleichzeitig entwickeln wir natürlich unsere Produkte ständig weiter, wir testen unheimlich viel und haben den Luxus, dass wir das erst einmal Online machen können. Wir haben eine sehr aktive Social-Media-Community, von der wir direkt Feedback und Anregungen bekommen. Viele Ideen kommen auch aus unseren Teams selbst, wir sind die Experten für unsere Produkte und haben ein gutes Bauchgefühl entwickelt.

Wo gehen denn neue Trends hin?

Was aus unserer Sicht noch zunehmen wird, ist, dass man Essen mitnimmt und unterwegs dann auch verzehrt. „To go” ist weiter auf dem Vormarsch. Da passen wir mit unserem Angebot sehr gut rein.

Und wir sehen einen ganz klaren Trend zu personalisiertem Essen. Wir haben in den letzten Jahren in der Forschung so viel mehr Wissen darüber erlangt, wie der Körper funktioniert – zum Beispiel, dass wir nach dem Sport mehr Magnesium benötigen oder Eiweiß. Das richtige Produkt für den richtigen Typen für den richtigen Moment bereitzustellen, wird in den nächsten Jahren ein wichtiger Treiber in der Produkt-Entwicklung im Food-Bereich sein. Und natürlich auch bei uns.

yfood bottles exhibitionstyle

Wie kann man sich das denn konkret vorstellen? Jeder Mensch hat seine individuelle Darmflora – aber ihr könnt ja nicht 8 Milliarden verschiedene Produkte auf den Markt bringen.

Ja, das ist richtig, es darf natürlich nicht zu komplex werden, damit es noch skaliert werden kann. Wenn wir an Personalisierung denken, nähern wir uns erst einmal an und würden Produktlinien nach Archetypen entwickeln. Die sind dann schon recht nah dran an den individuellen Bedürfnissen, ohne dass die Produkte ganz konkret auf Einzelpersonen zugeschnitten sind.

Wie sieht es aus mit der Nachhaltigkeit? Euer Hauptprodukt bekommt man in einer Plastikflasche.

Bei der Verpackung haben wir extreme Fortschritte gemacht. Für unsere Flaschen verwenden wir zu 100 Prozent recyclebares Material.

Wir produzieren seit 2021 CO₂-neutral und sind seit kurzem auch B-Corp-zertifiziert. Bei der Milch, die wir verwenden, arbeiten wir sehr viel mit Molkereien zusammen, die in der Nähe unserer Hersteller sind. Mit unserer veganen Linie kommen wir den Kunden entgegen, die aus ethischen oder nachhaltigen Gründen ganz auf tierische Inhaltsstoffe verzichten wollen.

Lass uns noch über Geschmack sprechen: Was ist denn euer Bestseller?

Wir haben enorme regionale Unterschiede. Aber wenn ich mal insgesamt draufschaue, über alle Regionen und Altersgruppen hinweg, dann ist es schon Schoko.

Hinterher ist man immer schlauer, so heißt es. Habt ihr zum Schluss noch einen guten Tipp an Gründer – speziell aus Deutschland?

Fokussiert euch und behaltet stets die langfristige Vision im Blick. Wachstum kommt nicht über Nacht, sondern durch konsequentes Handeln, ständiges Anpassen und das richtige Team. Denkt immer einen Schritt voraus und reagiert flexibel, wenn sich etwas verändert.

yfood und die Deutsche Bank

yfood ist seit Oktober 2022 Kunde der Deutschen Bank. Die Bank unterstützt das Unternehmen insbesondere bei der internationalen Skalierung aus München heraus, wo Tech Start-ups aus unterschiedlichen Branchen betreut werden.

Aktuell bringt die Bank verstärkt ihre globale Beratungs-Expertise ein, um yfood im aktuell unsicheren Umfeld, insbesondere bei Herausforderungen auf dem Zins- und Währungsmarkt zu unterstützen.

Diese Seite wurde im Juli 2025 publiziert.

Noel Bollmann

Über Noel Bollmann

Noel Bollmann ist CEO und Co-Gründer von yfood. Gemeinsam mit Benjamin Kremer hat er die Firma 2017 gegründet mit der Mission, eine ausgewogene Ernährung in allen Lebenslagen möglich zu machen – auch in stressigen Situationen. Heute ist yfood mit seinen Produkten Marktführer im Bereich “Smart Food” in Europa. Vor yfood war Noel in der Finanzbranche tätig und hat in St. Gallen, Harvard und an der Tongji Universität in Shanghai studiert.

Sonja Dammann

Sonja Dammann

…ist sehr experimentierfreudig, was Essen und Kochen angeht und verarbeitet gerne möglichst frische und unbehandelte Zutaten. Dass man auch mal keine Zeit fürs Kochen hat, kennt die dreifache berufstätige Mutter nur zu gut. Umso interessanter war für sie der Einblick in die Hintergründe zu den schnellen Lösungen von yfood.

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